No man is an island, entire of itself; every man is a piece of the continent, a part of the main.
(Kein Mensch ist eine Insel, ganz in sich selbst; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des Ganzen.)
Es wurde hier auch schon einmal John Donne zitiert. Man könnte meinen dieses Zitat hinge uns besonders am Herzen… nun… so ist es ja auch fast.
Ich glaube der Mensch ist ein Rudeltier und die Individualität ein geheiligtes Trugbild. Der proklamierte Individualist neigt ja auch dazu Uniform zu tragen – oder liegt es nur an mir, dass alle, egal ob Hippie, Punk, Visual Kei, Emo oder Goth, in sich irgendwie gleich aussehen und dass tausende deutscher Hausfrauen „Glaube, Liebe, Hoffnung“ in chinesischen Schriftzeichen auf dem Knöchel tragen um sich von der Masse abzuheben?
Ich verteufle den Herdentrieb nicht – im Gegenteil (für mich auch das Positive an sämtlichen Subkulturen). Wir Menschen brauchen einander mehr, als wir es uns manchmal eingestehen. Der Mensch als Mängelwesen ist auf die Gemeinschaft angewiesen und ich sehe mich oft mit den Nachteilen der Individualisierung in der Gesellschaft konfrontiert. Da ist die alleinerziehende Mutter, die nicht wüsste, wo sie ihr Kind lassen könnte, wenn sie sich unverhofft ein Bein brechen sollte oder die alte, alleinstehende Frau, die keine Lebensmittel mehr im Haus hat, weil es so glatt ist, dass sie mit ihren zwei künstlichen Hüften nicht das Haus verlassen kann.
Man könnte jetzt in Nostalgie verfallen und nickend seufzen:“Ja… früher war alles besser.“, doch halte ich das für im besten Falle nur halb wahr. Sicher, ich bin ein großer Fan der Institution der Großfamilie, der Dorfgemeinschaft, der Kirchengemeinde, aber ich sehe auch wie viele Zwänge damit einher gingen, dass Ausgegrenzte noch hilfloser waren als es Menschen ohne Anhang in den Betonburgen am Rande der heutigen Großstädte sind.
In jedem Fall sind die Anforderungen an den Einzelnen heute ganz andere, als sie es noch vor 200 Jahren waren. Das Arbeitsangebot und die Struktur moderner Großstädte reißt Familien oft räumlich auseinander und nehmen damit die für die Meisten wichtigste Stütze.
Ich habe ja schon gesagt, dass ich ein Fan des Konzeptes der Großfamilie bin, mehrere Generationen (unter einem Dach), die von einander lernen, sich gegenseitig unterstützen können. Nun waren meine Erfahrungen mit meiner Herkunftsfamilie gelinde gesagt suboptimal. Wenn ich dort etwas gelernt habe, so war es wie man es nicht machen sollte. Was Familie bedeutet und welchen Halt man dort finden kann, habe ich von und mit Menschen gelernt, mit denen mich weder eine Blutsverwandtschaft noch eine Heiratsurkunde verbindet. Ich habe heute eine wundervolle Familie und zwar eine Familie, die ich mir selbst gesucht habe. Nein, wir sind nicht verwandt, aber wir stehen füreinander ein, empfinden Verantwortung füreinander, teilen unser Leben miteinander.
Es war für mich nicht leicht an diesen Punkt zu kommen. Ich habe lange dem konservativen Familienbild hinterher gejagt immer getrieben von den ungestillten Sehnsüchten meiner Kindheit. Es hat gedauert bis ich erkannt habe, dass Familie weit mehr ist als Verwandtschaft oder Schwägerschaft und dass das/mein Verständnis von Familie einer Überholung bedarf. So pathetisch es klingen mag, aber für mich war das (über)lebenswichtig. Ich habe jetzt einen Platz im Leben, einen Ort, wo ich hingehöre, Verantwortungen, denen ich mich nicht so einfach entziehen kann und ich habe Halt. Es macht einen Unterschied ob ich da bin oder nicht.
Es ist gut jemanden zu brauchen und gebraucht zu werden.
Es ist gut jemanden zu haben. Schlimm ist es zu sehen, wie viele Menschen, die Unterstützung und Hilfe benötigen würden und die selber so viel zu geben haben, ganz allein gelassen sind. Nicht jeder hat das Glück aus einer intakten und großen Familie zu kommen, Vielen fällt es nicht leicht Kontakte zu knüpfen und unsere Gesellschaftsstruktur macht das nicht gerade einfacher. Wie oft habe ich es in Selbsthilfegruppen oder in Kliniken erlebt, wenn ich auf andere Multiple traf, dass der ambulante Therapeut meist der einzige Sozialkontakt war und man sich mehr schlecht als recht versuchte alleine durch ein sehr problembehaftetes Leben zu kämpfen (ich weiß, dass das natürlich nicht nur für Multiple, bzw. komplex Traumatisierte gilt, das ist lediglich der Blogschwerpunkt). Auf der anderen Seite erlebe ich, welchen Wert ein funktionierendes soziales Netz darstellt und dass es buchstäblich Leben rettet.
Wir wären heute nicht hier, wenn unser Netz nicht gewesen wäre. Als wir fielen hat es uns aufgefangen, als wir nicht mehr kämpfen konnten, als wir nicht mehr Leben wollten, als wir alles aufgegeben hatten. Ohne das Netz hätten wir nie die letzten Schritte des Ausstiegs aus „unserer“ RiGaG geschafft, denn es war auf einmal nicht mehr egal, was mit uns geschieht. Wir konnten nicht mehr „einfach so“ vom Erdboden verschwinden, unser Tod, selbst wenn es ein Selbstmord oder Unfalltod gewesen wäre, hätte viele unangenehme Fragen aufgeworfen. Dieses Netz, die Kontakte zu „Außenstehenden“ hat uns mit der Zeit für die RiGaG „unhaltbar“ gemacht, „unattraktiv“, es wurden weniger Energien investiert um uns bei der Stange zu halten. All das hat den Ausstieg für uns überhaupt erst möglich gemacht.
Wir sind all diesen Menschen, die für uns da waren und sind, uns unterstützt haben oder noch unterstützen – egal ob bewusst oder unbewusst, unendlich dankbar. Wir fühlen uns privilegiert, denn viel zu oft haben wir miterleben müssen, wie Andere es nicht geschafft haben, den Kampf verloren haben. Wir möchten so gerne weitergeben, was wir da erfahren und lernen durften. Wir versuchen unser Bestes zu geben und weiter Netze zu knüpfen, dabei selbst ein Knoten zu sein.
Du schreibst: ‚ich bin ein großer Fan der Institution der Großfamilie, der Dorfgemeinschaft, der Kirchengemeinde…
…. ich ein Fan des Konzeptes der Großfamilie bin, mehrere Generationen (unter einem Dach), die von einander lernen, sich gegenseitig unterstützen können….‘
Ja, da kann ich aus vielen Jahren eigener Lebenserfahrung nur eines sagen: Warte, bist Deine Probleme grösser sind als Du!
Dann wirst Du erkennen, was diese ‚Institutionen‘ diese ‚Grossfamilie‘ wirklich wert ist!
Alles Gute!
Ich komme aus solch einer nach außen hin konservativen Großfamilie, vier Generationen unter einem Dach, all das in einer nach außen hin konservativen Dorfgemeinschaft und wenn ich etwas gelernt habe, dann wie man es NICHT macht. Ich lehne mich mal so weit aus dem Fenster und behaupte, ich weiß wie Probleme in einer Familie aussehen können, die größer sind als man selber. Ich habe immer wieder erlebt, wie eine (z.B. Dorf-)Gemeinschaft Mitgliedern das Leben zur Hölle macht, weil sich nicht bequem genug, nicht konformistisch genug waren.
Meine Herkunftsfamilie ist keinen Pfifferling wert, das habe ich bereits erkannt.
Dennoch lasse ich mich heute nicht mehr dazu hinreißen solche Konzepte von Familie und Gemeinschaft zu verteufeln. Ich habe eben auch erleben dürfen, wie „es funktionieren“ kann und dass das konservative Verständnis von Familie einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Dass Zusammenleben immer Arbeit bedeutet und unentwegt neue Probleme mit sich bringt ist denke ich jedem bewusst. Ich für meinen Teil ziehe diese Arbeit und diese Probleme einem Leben in sozialer Isolation vor.
Ein sehr interessanter Artikel.
Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein soziales Miteinander unverzichtbar ist. Nur es bedeutet auch Arbeit und damit haben einige ihr Problem. Mann bzw. Frau muss etwas dafür tun, eine selbst gesuchte Familie zu finden und zu erhalten.
Kann ich dir nur beipflichten. Nichts, dass es sich wirklich zu haben lohnt, fällt einem einfach so in den Schoß
Das mit dem keine Insel sein sehe ich im Sinne des Umweltschutzes, dass wir die Welt von kommenden Generationen bloß geliehen haben: Meine gesamte Schaffenskraft steht im Dienste der Welt von Morgen, ihr etwas von Wert zu hinterlassen.
Hingegen ich mit dem Denken in Rudeln und in Dingen des täglichen Bedarfs wenig anfangen kann. Dann ist da eben mal keiner, der einem zuhört oder Essen ranschafft!
Kein Mensch bin ich, mich derart um mein Wohlbefinden zu sorgen. So viele hatten bereits die Kraft, einsam zu verrecken, dass es mir peinlich wäre, mich deswegen in irgendein Rudel zu flüchten. Bloß weil es leichter fällt, rudelweise zu verrecken.
Viele Leitwölfe wären wohl am Boden zerstört, wenn sie wüssten, wie wenig ihr Geheule das Rudel schert. Dass man alles mögliche heulen würde, bloß um weiterhin im Rudel zu verbleiben.
Wobei ich mich als Außenstehender längst hüte, all die Beschneidungen im Rudel als schädigend anzuprangern. Verblüffenderweise sind es oft die Beschnittenen selbst, die einem in den Arm fallen, sich gefälligst um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.
The Rudel rules. Immer.
Es macht einen Unterschied ob ich mit einem Rudel heule weil ich alleine zu klein oder zu schwach bin, oder ob ich mit einem Rudel heule in dem jeder des anderen Bruder oder Schwester ist.
Das Märchen vom „einsamen Wolf“ habe ich schon oft gehört. Tatsächlich sind das meist aber lediglich Menschen die nicht die Chancen wahrnehmen die sich ihnen bieten oder die schlicht zu starrköpfig sind. Und keiner von diesen einsamen Wölfen die ich gekannt habe, waren das freiwillig. Obwohl es sich so mancher gerne selbst eingeredet hat. Hauptsache anders sein, als Zeichen des Individualismus.
Der Mensch ist ein Herdentier, das sehe ich genauso. Herde bedeutet Schutz. Und die selbst gewählte Familie kann genauso stark sein und genauso ein Leben lang halten, wie Blutsbande es auch tun.
Für mich bedeutet Familie oder Gemeinschaft nicht, dass es einen Rudelführer gibt, dem alle folgen. Das hat für mich eine Komponente, die mich an ganz andere Strukturen erinnert. Das vorab.
Ich kenne es so gut, einsam zu sein und nicht in der Lage Kontakt mit anderen Menschen aufzunehmen oder aufrecht zu erhalten. Die Suche nach Menschen, die mit einem gemeinsam gehen, die Freunde sein können, wird durch so viele Mechanismen gebremst.
Ich bin so froh, dass Ihr eine selbstgewählte Familie gefunden habt. Menschen die füreinander da sind, füreinander einstehen. Ja ich glaube von ganzem Herzen, das diese Erfahrung das Leben erst zu einem Leben macht.
Ich selbst stehe ganz am Anfang zu lernen, wie es sein kann. Habe ein paar wenige Kontakte gefunden, die mir so wichtig sind, wie nichts anderes auf der Welt. Und genau da setzen die oben erwähnten Mechanismen an und diese machen jeden Tag zu einem Kampf darum, sich nicht selbst zu zertören, was man so gerne hätte.
Gestern erst studierte ich erneut Kafkas „Verwandlung“, wie Rudel sich verhalten, wenn einer der ihren über Nacht Ungeziefer wird…
Zugegeben, ohne seine Familie hätte Kafka die Spanische Grippe nicht überstanden. Stattdessen ist er mit Hilfe der Familie über Jahre qualvoll an der Tuberkulose verreckt.
Wissenschaftler sagen, dass Freunde etwa drei Tage für Medikamente sorgen und zwei Wochen nach dem Rechten schauen. Wobei natürlich eine auch nur halbwegs attraktive Frau selbst in absolut desaströsem Zustand noch weit darüber hinaus von Interesse sein kann. Da braucht man sich bloß am Hauptbahnhof das Mengenverhältnis unter den Obdachlosen anschauen.
Sind die Abermillionen, die in Altenheimen vor sich hindämmern, etwa ihr Leben lang Asoziale gewesen, die keinen Finger für andere rührten? Und ob mich da nun Weihnachten jemand auf ein Stündchen besucht oder nicht, darauf scheiße ich doch. Sorry.
Wobei es natürlich unter die Religionsfreiheit fällt, an „wahre“ Freunde zu glauben, und dass sich im eigenen Umfeld selbstverständlich alles ganz anders verhält.
Bruder hin, Schwester her: In jedem Rudel gibt es REGELN. Und so groß kann die Illusion von Schutz gar nicht sein, dass ich wahrhaftig anderen Regeln folge als den meinen. Freiheit! nennt man das.
Wenn das deine Erfahrung mit Familie und Freundschaft ist und du deshalb so zynisch darüber denkst, dann bist du aus tiefstem Herzen zu bedauern.
In einer guten Familie machen sich die Regeln selbst, nach den Vorstellungen aller. Leben ohne Regeln ist Anarchie und die hat wenig mit Freiheit zu tun.
Nunja, zeige mir Freiheit, die ohne verschiedene Regelsysteme funktioniert.
Meinst du ehrlich, dass du noch frei wärst, wenn jeder andere auf diesem Planeten nur noch den eigenen Regeln folgt? Das funktioniert nur, wenn jeder seine Regeln so anlegt, dass sie jederzeit als allgemeine Gesetzmäßigkeit fungieren könnten (Kant lässt grüßen usw.), d.h. die eigenen Regeln sich von „Rudelregeln“ nicht mehr unterscheiden.
Geht es hier um die Menschheit an sich, die ja wohl eher in Arbeitseinheiten funktioniert? Da müssen wir dann den Faktor Geld hinzurechnen. Geld, welches Kellner im Restaurant beflissen macht und Psychologen in der Klinik zugänglich. Ohne Geld kommt es selbstverständlich rasch zu Hungerrevolten und Plünderungen.
Hier geht es aber wohl eher um die Rudel hinter verschlossenen Türen, wo nicht jeder einfach so hereinspazieren darf. Um Regeln, welche Tischgebete vorschreiben oder Nacktheit, welche bestimmte Speisen zum Tabu erklären oder nach der Wünschelrute verlangen.
Wenn Wissenschaftler mir sagen, dass das Umfeld einer Frau ihr ungefähr ein halbes Jahr gibt, über eine Vergewaltigung hinwegzukommen, bis es dann auch mal wieder gut zu sein hat, ist das für mich verständlichste Logik. Da muss ich nicht selbst noch rausgehen, andere wegen eines Todesfalles zuzuheulen, wie lange die das wirklich aushalten.
Leben ist in weitesten Teilen solch eine simple Rechenaufgabe, dass wohl kaum eine Greisin darauf besteht, in Discotheken selbst zu erfahren, ob sich junge Männer von ihr aufreißen lassen.
Selbst habe ich mit Rudeln also keinerlei Erfahrungen gesammelt. Eben auch, weil ich keine Insel bin. Was haben kommende Generationen von meinen leergegessenen Tellern? Für die Welt von Morgen zählt, was ich geleistet habe in den Arbeitseinheiten des Lebens. Schaffenskraft! ist der einzige Marschbefehl, den ich habe.
Ich behaupte noch immer, dass Regeln für ein freies Miteinander wichtig sind. Das bedeutet nicht, dass ich jede x-beliebige Regel gut ist, nur weil sie ne Regel ist. Regeln sollte man immer hinterfragen, sich bewusst machen, warum man diese Regeln aufgestellt hat.
Wenn du mir Beispiele für sinnlose Regeln, fehlerhafte Konzepte in unserer Gesellschaft oder allgemein Fehler, die Menschen machen, bringst, dann seh ich da auch wie du: das gilt es nicht einfach so zu schlucken. Nur ist das für mich kein „Beweis“, dass soziale Netze (eines der urspr. Themen) ne – man verzeihe mir – Scheißidee sind.
Mir ist es unbegreiflich, sein Leben damit zu verbringen, Vergangenheit anzuhäufen: Sich von Kontakt zu Kontakt knüpfen, während das Geknüpfte hinter einem reißt und reißt: Die „wahren“ Freunde von heute sind doch bloß die alten Bekannten von morgen!
Bereits in Deiner Liebeserklärung an Deine neue Familie leuchtet mir entsetzlich das Wörtchen „war“ auf. Gewesenes, dem Du selbstverständlich unendlich dankbar bist für das Gestern. Ein Gestern, welches offenbar nicht genügend Puste hatte ins Heute hinein.
„So ist das Leben!“ lächeln die Netzwerker und halten stolz entsetzliches Flickenwerk hoch.
Ein Plunder Erinnerungen, den kommende Generationen dann entsorgen müssen…
Im philosophischen Ansatz mögen deine Gedanken einen Wahrheitsgehalt haben in der Praxis des Lebens sehe ich diesen nicht.
Wenn du auf Erfahrungen, oder auf den Feldversuch verzichtest weil es dir sinnvoller scheint deine Meinung über Statistiken zu bilden, dann denke ich das du keine Ahnung hast von was du redest.
Die Welt ist kein statistischer Mittelwert und das Leben besteht aus Wandel und nicht aus Durchschnittswerten. Freundschaften oder soziale Kontakte zu vermeiden weil „sie ohnehin nicht auf Dauer halten“ ist Unsinn. Denn Dauerhaftigkeit ist weder die alleinige Essenz des Daseins, noch der sozialen Interaktion.
Im Gegenteil, es ist die Erfahrung an sich die wichtig für die persönliche Entwicklung und Entfaltung ist und die steht ohne irgendeinen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang.
Soziale Netze funktionieren das eine Mal und ein anderes Mal vielleicht nicht. In diesem speziellen Fall, um den es in diesem Thema geht, haben sie funktioniert, was deine ganze Argumentation somit ohnehin ad absurdum führt.
Deine Rudelfreiheit ist nur eine Illusion. Du lebst in einem Rudel mit Regeln denen du auch folgst. Jedenfalls solange du dich in diesem Staat befindest und dessen Schutz genießt; mag er auch unvollkommen sein. Und dieser Rudelschutz macht es überhaupt erst möglich das du eine Freiheit hast welche du selbst bestimmen kannst. Dieser Rudelschutz macht es erst möglich das du deine Meinung öffentlich sagen darfst und ich meine Meinung dir gegenüber öffentlich vertreten darf.
Es ist eine Tatsache das alles was du bist und was du hast, oder was ich bin oder habe, nur deshalb existent ist, weil wir gemeinsam in einer Gesellschaft leben die mit ihren Regeln die entsprechenden Voraussetzungen dafür geschaffen hat.
Wer sich von der Herde los sagt um seinen eignen Weg zu gehen, wird sehr schnell zur Beute der Wölfe.
Lieber chschlesinger
Natürlich ist das Leben ständiger Veränderung unterworfen, damit erzählst du mir nichts Neues. Meine Familie wird nicht so bleiben, wie sie jetzt ist, die Freundschaften, die ich pflege werden sich verändern. Das haben sie in der Vergangenheit getan und ja, meine engen Freunde von gestern sind heute nicht alle mehr in meinem Leben. Kinder werden groß, neue werden geboren, Beziehungen zerbrechen, Menschen sterben, neue Freundschaften werden geschlossen.
Ich „häufe Vergangenheit“ auf, wie du es nennst, denn mir ist es wichtig. Ich möchte keinen Kontakt, den ich hatte je missen. Ich wünsche mir nicht z.B. einen meiner vergangenen Partner niemals kennengelernt zu haben, nur weil die Beziehung irgendwann zerbrochen ist.
Es fällt mir tatsächlich etwas schwer zu verstehen, dass du in diesem Punkt ganz anders denkst, wahrscheinlich weil es mir fremd ist, weil ich ganz andere Bedürfnisse zu haben scheine. Was dir sinnlos erscheint ist das, was mein Leben ist, für mich kein „Plunder“. Ich empfinde es als Inhalt meines Lebens und im Gegensatz dazu sehe ich die pure Existenz als solche.
Dass mein „Gestern“ nicht „genügend Puste hatte“ um ins „Heute“ hineinzureichen sehe ich nicht so. Positive Kontakte, die ich vor 10 oder 15 Jahren hatte geben mir noch heute Kraft, sie haben mich nachhaltig beeinflusst, mich verändert. Woran machst du da dein „offenbar“ fest? Du scheinst mich ja offenbar nicht gut genug zu kennen um dir da ein Urteil zu erlauben. Womit du aber Recht hast: Ich bin selbstverständlich dankbar für all die positiven (und auch für viele nicht ganz so einfache) Kontakte im Gestern.
Das alles hatte mit dem eigentlichen Inhalt des ursprünglichen Posts verhältnismäßig wenig zu tun, was ich sehr schade finde, dennoch weißt du ja, ich diskutiere gerne 😉 und schätze es mich mit zu meiner Einstellung konträren Ansichten zu konfrontieren. Hat auf jeden Fall gut Stoff für unsere Gespräche am Abendbrottisch gegeben
Hallo ihr von PandorrasShowcase
(mein Beileid für den einen oder anderen Kommentar den du/ihr hier lesen müsst- oh man! )
Ich finde den Artikel sehr gut und nehme für mich dort heraus: Ja- man kann auch oder obwohl? man von einer Gemeinschaft mal verletzt und in seinem Vertrauen zustört wurde, Gefallen finden an eben diesem Konzept und dieser Art zu leben. „Aha- guck- scheint ja doch irgendwann möglich zu sein, dass man schön findet…“
In diesem Sinne…
viele Grüße und Danke von uns 🙂
Danke für dein Mitgefühl 😉 … ich diskutier ja ehrlich gesagt recht gern und grundsätzlich mag ich es auch mit kontroverseren Ansichten gepiekst zu werden, denn wie obendrüber auch schon geschrieben, es bereichert unsere Gespräche zu Hause. Aber eben schade, dass es son bisschen am Thema vorbei ging und den Fokus sehr verschoben hat.
Danke auch, dass du das Thema wenigstens gelesen hast 😉
…und ja, das is was, was wir in unserer Umwelt transportieren wollen: es lohnt sich den Sprung zu wagen, Vertrauen zu investieren und Kontakte zu knüpfen. Ja, es waren Menschen, gut vernetzte Gemeinschaften, die uns das Schlimmste, was wir erlebt haben antaten und auf der anderen Seite wurden wir von Netzen aufgefangen und haben Menschen kennengelernt mit denen wir ein Leben leben können, wo wir sagen würden: Joa, kann man aushalten 😉
Wenn sich ein Mann um sie „kümmert“, dann sei man ein Paar, erläuterte sie. Dann „kümmere“ sie sich auch um ihn. „Wenn er sich aber nicht mehr kümmert, ist es vorbei. Dann muss man Schluss machen“, las ich gestern von einer ehemaligen Prostituierten.
Überzeugender lässt sich die Mechanik menschlicher Beziehungen wohl kaum beschreiben. Wüsste nicht, was ich dem an eigenen Erfahrungen hinzufügen sollte.
Mein Bedürfnis nach Freiheit geht keineswegs soweit, mich irgendwo im Wald eingraben zu wollen, weil ich Probleme habe mit den Verkehrsampeln von Vater Staat. Diese „Regeln“ empfinde ich als Witz gegen das, was regelmäßig im Privaten hinter verschlossenen Türen abgeht.
„Beschützer“ fordern ihren Preis. Wer jeden Cent Leben dort lässt, ist vielleicht bereits so tot, als wäre er von Raubtieren gerissen.
Eben weil ich keine Insel bin, empfinde ich es als entsetzlich, Vergangenheit anzuhäufen, die bloß MIR etwas bedeutet. Teddybären, Fotoalben, Briefe über die jeder Hausstandsauflöser mit den Schultern zuckt. Ich will leben auf einer Ebene, die JEDEN Menschen betrifft. Daher habe ich zum Beispiel den Tod zu meiner Wissenschaft gemacht. Damit „erwische“ ich regelmäßig jeden, mit dem man so zufällig ins Gespräch kommt. Wobei ich auch die Abwechslung schätze, die solche „Laufkundschaft“ mir bietet.
Was ist die verbrannte Erde der Vergangenheit gegen die Vorstellung, dass sich hundert Jahre nach meinem Tod Wissenschaftler hinsetzen, tausend Seiten Biographie über mich zu schreiben?
Weil ich mehr hinterlassen habe als Plunder. Weil mir die Zukunft meines Handelns wichtiger war als temporäres Wohlbefinden. An keinen Augenblick Glück, den ich 1988 empfunden haben mag, kann ich mich mehr erinnern. Hingegen ich jederzeit die Analysen, an denen ich damals arbeitete, vorholen kann, sie weiter zu vervollkommnen.
Natürlich, wenn hier jetzt jemand mit einem „Gott“ auftrumpft, dessen Wille es angeblich ist, dass wir unser Leben kuschelnd vor dem Fernseher vertun, ist das ein Joker, der Jahrzehnte voll verbrannter Erde mit leichter Hand in „Karma“ wandelt. Aber dann können wir unser Leben genauso gut „vogelfrei“ mit Schutzengeln verbringen, oder?
Bitte bedenke, dass das, was dir so unwichtig ist, für andere eine zentrale Bedeutung hat und das, was dir wichtig ist für andere nur eine „Nebenwirkung“ des Lebens ist und keinesfalls das, was als sinngebend erlebt wird.
Auch bringst du erneut Negativbeispiele für Beziehungsmuster. Klar, gibt es zu Hauf. Mein Ansatz ist hier ein anderer als deiner. Ich schmeiße nicht alles in einen Topf und investiere meine Energien lieber um bessere Wege für den Umgang in (meinen) Beziehungen zu finden. Ich erkenne immerhin die Unterschiede, eine Differenzierungsleistung, die dein analytischer Geist doch sicher in der Lage wäre zu erbringen.
Ansonsten würde ich auch langsam allgemein bitten, wenn hier kommentiert wird etwas dichter am eigentlichen Thema zu bleiben.
Und keine Sorge, hier trumpft noch immer keiner mit Gott auf um irgendwelche vollkommen absurde Behauptungen aufzustellen.
Wieso stellen Sie solche rein rhetorischen Fragen in einem Blog von einem Menschen mit einer Biographie die er kaum zu erinnern in der Lage ist?
Empathie tot oder was?!
Ich finds unglaublich…
Ich lese aus deinen Worten nur Verbitterung und daraus resultierende Vorurteile und Überheblichkeit heraus.
Du redest von Farben, bist aber blind. Deine Ansicht von Beziehung, sozialer Interaktion und von der Sinnhaftigkeit menschlicher Erfahrungen, bezieht sich auf zweifelhafte Statistiken und undokumentierte Einzelfälle. Vor allem aber haben sie nichts mit der Realität des Einzelnen zu tun. Du gibst hier eine Meinung zum Besten, zu einer Thematik von der du ganz offensichtlich überhaupt keine Ahnung hast. Du hast nicht ein Wort von dem Beitrag in diesem Blog verstanden, deine Kommentare zeigen das deutlich.
Du glaubst das du mit deiner „wissenschaftlichen“ Arbeit in den Köpfen der Menschen erhalten bleiben wirst? Das kann ich mir nicht vorstellen. Was kann schon eine solche Arbeit wert sein, wenn der Schaffende nicht einmal versteht wie einfachste zwischenmenschliche Bindungen funktionieren? Warum sollte man sich an jemanden erinnern, dessen Arbeit nur dem Selbstzweck „Unsterblichkeit“ dient?
Du magst ein Studium hinter dir haben und auch glauben das du wissenschaftliche Arbeit leistest, zum Wissenschaftler macht dich das noch lange nicht. Dazu gehört weit mehr als nur Statistiken zu zitieren, dazu gehört vor allem das Verständnis um deren Wert. Und um die Mechanismen hinter diesen; beides fehlt dir.
Du bist wertend und du erhebst dich mit deinen Worten über die „dummen“ anderen. Seit wann sind Egomanie und Hybris notwendige Eigenschaften eines Forschenden? Dir geht es nicht um Wissenschaft, dir geht es nur um dich selbst.
Wissenschaft ist die SUCHE nach der Wahrheit, nicht die Verbreitung oder Bestätigung der eignen subjektiven Weltsicht. Du aber glaubst anscheinend längst den Sein der Weisen gefunden zu haben.
Was du hinterlassen wirst, wenn du diesen Weg weitergehst, wird nicht einmal den Wert von „Plunder“ haben.
Du schriebst:
„Überzeugender lässt sich die Mechanik menschlicher Beziehungen wohl kaum beschreiben. Wüsste nicht, was ich dem an eigenen Erfahrungen hinzufügen sollte.“
Erst wenn du gelernt hast warum es sinnvoll, sogar NOTWENDIG ist, sich eigene Erfahrungswerte zu schaffen, dann hast du wenigstens ein Stück weit verstanden.
Lerne erst einmal Demut, Toleranz und Objektivität, lerne erst einmal Sozialkompetenz, ehe du dir die Arroganz heraus nimmst über andere zu urteilen.
Wobei es bei dir hakt, ChSchlesinger, ist, dass du vermutlich Bedingungslosigkeit in Beziehungen erwartest und deshalb mit solch‘ einer verklärten Sicht auf soziale Netze, Rudel und Beziehungen herabschaust. Du selbst akzeptierst eine naturgegebene Sache (soziale Bindungen) also nur unter Bedingungen und degradierst deine eigene Argumentation, indem du ein Teil dieser wirst.
Du selbst wirst nicht überleben können ohne wenigstens indirekt von sozialen Netzen zu profitieren. Ein soziales Netz ist das Arbeitgeber/Arbeitnehmerverhältnis. Ob du das nun magst oder nicht. Und selbst, wenn du arbeitslos bist und den ganzen Tag alleine Zuhause hockst, werden dir staatlich herbeigeführte – wenn auch abstrakte – soziale Netzwerke deine Grundkosten gewährleisten. Ohne die Kassiererin im Supermarkt wirst du kein Stück zu essen bekommen.
Befrei‘ dich von der Vorstellung, dass Beziehungen wertlos sind, wenn sie Bedingungen für ihren Fortbestand stellen, dann wirst du die Wichtigkeit von Familie und sozialen Netzwerken, Freundschaften und Kumpelschaften viel besser verstehen.