Zum Unterschied von Intrusionen und Flashbacks (veröffentlicht in „Psychiatrie to go“)

Selbst Frachleute verwechseln immer wieder Begriffe und Konzepte Im Blog „Psychiatrie to go“ werden zwei, in der Psychotraumatologie oft vorkommende, und genauso selten verstandene Begrifflichkeiten erklärt und prägnant und verständlich auf den Punkt gebracht. Dies ist ein Zitat aus oben erwähntem (und übrigens sehr lesbarem) Blog:

Zum Unterschied von Intrusionen und Flashbacks

In der Traumatherapie spielt eine präzise Sprache eine ganz besonders wichtige Rolle. Ein Punkt ist, dass die häufigeren Intrusionen von den selteneren, dafür sehr viel pathologischeren Flashbacks unterschieden werden müssen. Es ist nicht gut, einem Patienten, der Intrusionen hat, zu sagen, er habe Flashbacks, und ihn entsprechend falsch zu behandeln… Zur Rekapitulation:

Intrusionen

Intrusionen sind Erinnerungen aus der Vergangenheit, die mir in den Sinn kommen, und die ich als störend oder belastend erlebe. Dabei habe ich Distanz zu diesen Erinnerungen und kann diese Erinnerungen als solche zuordnen. Ich kann dabei ganz normal weiterarbeiten. Ich bin Herr des Geschehens.

Flashbacks

Ein Flashback ist ein Zustand, in dem ich mit Haut und Haaren in ein vergangenes Erlebnis hinein gerissen werden, und es jetzt noch einmal durchlebe, als geschehe es gerade jetzt noch einmal. Dabei durchlebe ich nicht nur die abstrakte Erinnerung, sondern auch die damit verbundenen Sinneswahrnehmungen wie Gerüche, Berührungen und die damit verbundenen Gefühle wie Angst etc. noch einmal mit durch. Der Flashback ist hier Herr über mein Erleben.

Therapie oder nicht Therapie; das scheint hier die Frage

Therapy or no therapy, that is the question:
Whether ‚tis nobler in the mind to suffer alone
The slings and arrows of outrageous fortune,
Or to take arms against a sea of troubles,
And by opposing, end them? To talk: to cry;

(frei nach Wilhelm Schüttelbier)

Der langanhaltenden Verzweiflung sind Frust und Resignation gewichen. In den letzten Monaten vermeide ich es wieder stärker mich mit der Frage nach professioneller Unterstützung, vor allem therapeutischer, auseinanderzusetzen. Habe schon Angst zu einer verhärmten, übellaunigen Psychotante mutiert zu sein. Ich hasse das. Ich sehe schwarz. Erhebe gerade nicht den Anspruch fair zu sein, Verständnis aufzubringen und. Nicht in diesem Moment. Im Alltag gebe ich mir Mühe – wenn ich aufpasse und mich nicht von meinen Emotionen überwältigen lasse. Schon klar, das Gesundheitssystem macht es vielen Ärzten sehr schwer sich angemessen um ihre Patienten zu kümmern. Der Beruf an sich ist eine große Herausforderung und verlangt einem viel ab. Die organisatorischen Schwierigkeiten, die sich ja auch nicht vermeiden lassen, sind ein zusätzlicher Stressor. Ich kenne auch die Inhalte der Ausbildungen, die Psychologen, Psychotherapeuten und FÄ für Psychiatrie oder Psychotherapie durchlaufen, weiß wie schwer es ist als psychologischer Psychotherapeut seine Kassenzulassung zu bekommen, weiß wie teuer und zeitaufwändig es für Therapeuten ist sich weiterzubilden.

Aber wie ich schon schrieb: Meine letzte Tüte Verständnis ist mir heute Morgen in der Handtasche ausgelaufen und hat hässliche Flecken auf dem Leder hinterlassen. Nächste Woche besorg ich mir ne Neue. Bis dahin fühl ich mich einfach nur allein gelassen.

Seit Jahren lass ich mir nun schon mein Hirn in den Mühlen des sozial-psychiatrischen Systems fein zermahlen. Immer wieder haben wir versucht uns Hilfe zu holen. Immer wieder landeten wir in psychiatrischen Einrichtungen, wurden von Arzt zu Therapeut zu anderem Therapeut verwiesen. Man klärte uns über unsere psychischen Störungen auf, erklärte uns, wir sollten dringend spezialisierte Fachleute aufsuchen, also taten wir das. Wir telefonierten, schrieben Briefe und Mails, führten Gespräche mit Therapeuten, Kliniken. In Kliniken erklärte man uns, wir müssten uns an ambulante Therapeuten wenden. Die Arbeit mit DIS-Patienten sei komplex und nur ambulant durchführbar. Ambulante Therapeuten verwiesen uns wieder an Kliniken, denn nur in einem stationären Setting sei es möglich mit unserer DIS und den Traumatisierungen zu arbeiten. Wir kamen uns vor wie ein schwarzer Peter, der weiter- und weitergereicht wird. Gingen in Kliniken, arbeiteten an der allgemeinen Stabilisierung, ließen uns immer wieder erklären, dass wir ja dringend eine Traumatherapie machen müssten, die Themen dringend angehen – aber bitte nicht hier. So ging es zu ambulanten Therapeuten, mit denen wir an der allgemeinen Stabilisierung arbeiteten, ließen uns erneut erklären, dass wir dringend unsere inneren Konflikte und die Traumatisierungen angehen müssen – aber bitte nicht hier.

Nach einigen Jahren dieses Hin und Her ist mir schwindelig. Wir fühlen uns verschaukelt.

Immer wieder fanden wir uns mit Mitmenschen konfrontiert, die meinten Ärzte und Therapeuten müssen ihre Probleme lösen, die sich auf dieser Erwartungshandlung ausruhten. Die hatten selten Schwierigkeiten eine Therapieplatz zu bekommen, einen Klinikplatz oder ähnliches. Wenn die vorhandenen Probleme nicht reichten, wurd einfach etwas mehr gejammert.

Wir hatten Probleme überhaupt Therapeuten zu finden, die sich bereit erklärten mit uns weiterzuarbeiten, sobald das offenbar aufregende Novum eine Differenzialdiagnostik mit einem Multiplen durchzuführen verflogen war. Die meisten stiegen aus, wenn es es um unseren Hintergrund von organisierter und systematischer Gewalt ging. Das Wenige an ernsthafter Therapie, was uns vergönnt war, haben wir versucht zu nutzen, so gut es geht. Die meiste Zeit waren wir auf uns gestellt, haben selbst versucht Interventionen zu entwickeln um mit Intrusionen umzugehen, uns als System kennenzulernen, Innenkommunikation aufzubauen, an Co-Bewusstsein zu arbeiten. Wir hofften in der Therapie wenigstens weitere Anregungen für unsere eigene Arbeit zu bekommen… die Therapeuten auf der anderen Seite schienen zu hoffen, dass Pandoras Kelch an ihnen vorübergehen möge…

Wir kämpfen immer noch dafür wenigstens für eine kurze Zeit eine ordentliche Therapie zu bekommen. Wir wünschen uns so sehr einen Therapeuten, der sich mit Traumatisierungen auskennt, der vielleicht auch die Umständen, in denen wir so lange gelebt haben, verstehen kann, jemanden, der bereit ist mit uns und unseren inneren und äußeren Konflikten zu arbeiten, jemanden, der sich an Absprachen hält.

Nur beginnen wir uns zu fragen, ob das alles überhaupt noch einen Sinn ergibt. Ein Psychiater sagte uns vor einiger Zeit, dass es an uns läge, wenn die 87 Therapiestunden, die wir in den vergangenen 10 Jahren hatten, nicht gereicht hätten. Kein Mensch könne Probleme haben, die sich mit einer einmaligen Verhaltenstherapie nicht lösen lassen könnten.

Wir haben uns so oft gewünscht Hilfe und Unterstützung zu haben. Glauben, dass viele Situationen der vergangenen Jahre etwas glimpflicher ausgegangen wären, wenn wir nicht allein auf uns gestellt gewesen wären. All unser Kämpfen um sinnvolle Unterstützung hat nichts gebracht. Immer, wenn wir glaubten etwas Sinnvolles gefunden zu haben, war es meist schon vorbei, bevor es überhaupt angefangen hatte.

Ja, wir sind frustriert und hart am überlegen, ob wir nicht einfach ganz aufgeben sollen. Immer wieder nagende Stimmen… es ist so unglaublich vermessen von uns zu glauben, wir hätten so etwas wie „professionelle Hilfe“ überhaupt verdient. Ich weiß nicht, ob es überhaupt nachvollziehbar ist… aber wir hängen an dieser Stelle fest.

Weiter suchen, weiter kämpfen oder es bleiben lassen und sich weitere Jahre Frust und Enttäuschung ersparen?