„Kultidentität“

Kultidentität.

Ein Begriff, den unsere Therapeutin geprägt hat. Ein Begriff der uns offenbar hilft das wie im uns zu verstehen. Kompliziert ausgedrückt? Ist es wohl auch. Trotz eines nicht zu verleugnenden Aha-Effektes bei den Ausführungen unserer Therapeutin, wirft es mindestens genau so viele Fragen auf, wie es zu beantworten scheint.

Wir sprachen über unsere Lebens- und (damit) auch Therapieziele. Wir sind schon einen langen Weg gegangen, haben ja schon einiges erreicht. Sind schon in einige Untiefen unserer Seele vorgedrungen, aber anstatt den Boden des Abgrundes erkennen zu können, scheinen wir (gefühlt) ein Fass ohne Boden zu sein.

Sein vielen Jahren suchen wir ja schon nach einer/m erfahrenen TherapeutIn, der/die bereit ist sich gemeinsam mit uns in diese Untiefen vorzuwagen.

Bisherige Therapien hatten eher „kosmetische“ Ziele. Jeder Therapeut machte uns deutlich, dass es zuerst wichtig ist, dass wir (möglichst unauffällig) in der Gesellschaft funktionieren (cool, da hätte meine Familie, als sie es herausfand gar nicht so ausflippen müssen, es wollten ja alle das gleiche)

Zunächst ging es darum die Essstörung zu überwinden, wen von dem krankhaften Untergewicht -> Ziel erreicht (gut, seien wir ehrlich, das Essverhalten ist immer noch gestört und was das Untergewicht betrifft sind wir über’s Ziel hinausgeschossen).

Es ging darum die Selbstverletzung, die damals massiv war und eingeschränkt werden musste, wenigstens der Schaden an Knochen und Weichteilen -> Ziel in dem Sinne erreicht. Selbstverletzung ist selten und passiert nur noch in Situationen mit großem Druck, die neu für uns sind (intensive Gefühle) und wo sonst wirksame Skills scheitern.

Es ging um die äußere Funktionalität. Von irgendetwas mussten wir ja leben, also war wichtig, dass wir auf der Arbeit zurecht kamen, dass wir nebenbei unser Studium bewältigen konnten und die parallel laufenden Ausbildung -> Ziel lange erreicht. Wir haben Skills gelernt mit bestimmten Triggern, die wir nicht vermeiden konnten umzugehen -> Ziel erreicht.

Wir haben gelernt uns als System zu akzeptieren, jede Menge Psychoedukation gemacht. Verstehen gelernt, warum das, was man hatte eben keine Schizophrenie ist, sondern Dissoziation. Das war wohl eher ein Nebeneffekt oder etwas, was wir einem damals noch sehr unerfahrenen, aber sehr verbissenen Therapeuten zu verdanken hatten (der uns davor bewahren konnte dauerhaft und ohne Aussicht auf Ausstieg in ein Programm für Schizophrene Menschen, die nicht mehr für sich sorgen konnten, zwangseingewiesen zu werden – man bedenke: damals hatten wir einen Job, eine gerade erfolgreich abgeschlossene Ausbildung und waren auch akademisch erfolgreich, dazu ein soziales Netz und tragfähige Beziehungen… aber das ist eine ganz andere Geschichte, damit könnte ich Bücher füllen und nicht nur ausschweifend vom Blog-Artikel Thema ablenken 😉 ). Dieser Therapeut leitet heute, 9 Jahre später übrigens recht erfolgreich eine wunderbare Institution, die sehr vielen psychisch Beeinträchtigten Menschen eine gute Stütze ist. Und auch wenn wir damals nur philosophiert und gemeinsam Unmengen an vorhandenem Material durchforstet haben, ihm die Freude einer (ein Jahr lang dauernden) ausführlichen Differentialdiagnostik gegönnt haben, so war das nicht ganz beabsichtigte Ziel: Erkenne dich selbst -> erreicht.

Auf sein Geheiß machten wir uns dann wieder auf die zermürbende Suche nach guten Traumatherapeuten. Oft wurden wir mehr oder weniger abgewiesen, weil z.B. noch der Studienabschluss ausstand. Das solle man doch bitte zuerst machen.

Den Therapeuten, den wir fanden, hat sich immerhin unserer angenommen. Auch hier war das erklärte Ziel: Äußere Funktionalität. Funktionalität über allem. Dennoch nahmen wir einiges für uns mit. Er hatte keine Ahnung, war aber in der Welt herumgekommen und brachte viele Sichtweisen in die Therapie mit. Häufig war uns beiden klar, dass das, was wir innerhalb der Therapie besprachen, erarbeiteten, usw. gelinde gesagt suboptimal war. Es half uns aber unsere eigenen Wege und Interventionen zu finden. Die eingeübten Imaginationsübungen nach Muster gingen nach hinten los? Also wurden neue geschrieben. Wir schafften uns Projekte und damit unfreiwillig die ersten Anläufe von Innenkommunikation und später sogar (steuerbarer) Co-Bewusstheit. Unsere Funktionalität verbesserte sich zeitweise -> sein Ziel erreicht (leider schien er es regelrecht persönlich zu nehmen, als dieses Korsett der äußeren Funktionalität begann zu knarzen und dann zu zerbrechen). Unser Ziel: ein Miteinander zu schaffen haben wir in den Anfängen – erreicht.

Damit können wir jetzt arbeiten. Mit vielen Innenpersonen und Gruppen (wir haben uns da die Begrifflichkeiten der Systemik, wie wir sie gelernt haben, angeeignet und bezeichnen solche Gruppen als Subsysteme, wir als ganzer Mensch, mit allen bekannten und unbekannten Anteilen, nennen wir System) haben wir die Möglichkeit in Kontakt zu treten. Wir können bedürftige Innenpersonen (z.B. traumatisierte Kinder) an innere, imaginierte, sichere Orte schicken oder – falls es (wie in den meisten Fällen) nicht funktioniert einen imaginierten sicheren Ort zu schaffen, so können sich andere Innenpersonen nach ihren Fähigkeiten kümmern.

Es ist also schon eine Basis vorhanden.

Für die jetzige Therapie haben wir klar gemacht, dass es uns kurzfristig nicht um „Frisur und Make-up“ geht, sondern, dass wir jetzt diese Therapie machen um dort zu graben, wo es vor sich hinschimmelt, dass man es bis nach draußen riechen kann. Was wir auch tun, das, was aus uns versucht wurde zu machen, das was wir auch sind, beeinflusst und heute kaum weniger als noch vor ein paar Jahren. So viele eingepflanzte Überzeugungen, die es fast unmöglich machen gesunde Entscheidungen zu treffen. So viel zerstörtes, dass man seine gesamte Energie darauf verwendet, dass es nach außen nicht so auffällt, dass man imitiert, wie man angemessene Gefühle äußert, dass man Nähe spielt, ohne je wirklich zu vertrauen.

Wir wissen um diese Untiefen. Wir wissen, wie man ein Kind seiner Bindung berauben kann. Ich weiß, dass ich meine Mutter bestimmt liebe, aber ich habe mich auch als Kind nie nach meiner Mami gesehnt, wenn ich krank war. Ich wollte nie zu ihr (oder einer der anderen „Bezugspersonen“) laufen, um ihnen zu erzählen, was der freche Andi heute in der Schule wieder angestellt hat. All diese Menschen waren mir egal. Und auch, wenn ich heute mit viel Mühe versuche eine Beziehung zu meiner Mutter (die übrigens nie aktive Täterin an mir war, sie war nur die unglückliche Seele, die mich austragen musste) aufzubauen, so trifft es mich doch immer wieder, wie egal es mir ist. Stürbe sie, so wäre meine erste Sorge, wie ich ihren Nachlass verwalten soll und wie man eine Beerdigung organisiert.

Für mich ist es eine dieser Abgründe. Mit Bindungen war ich schon als Kind nicht zu ködern. Einmal in unserem Leben, haben sich welche von uns „verwoben“. Ich hoffe es war nicht das letzte Mal.

So, wie schlage ich nun den Bogen?

Was mich ja eigentlich beschäftigte war der Begriff „Kultidentität“, der mich und uns auf so vielen Ebenen traf. Die Therapeutin sprach davon, dass es für uns notwendig ist, dass wir uns mit dieser Kultidentität auseinandersetzen. Zunächst war mir nicht ganz klar, was sie meint. Glaubt sie da gibt es einen einzigen Anteil, der sämtliches Gedankengut der RiGaG in sich vereint und mit dem müsse gearbeitet werden? Nein, so sieht sie es offensichtlich nicht. Sie sprach damit den Teil unserer Gesamtpersönlichkeit, des gesamten Systems an, der in der RiGaG entstanden ist, deren Gedankengut vertritt, der darin gefangen ist, aber noch mehr betonte sie die Anteile, die in der RiGaG ja ihre Heimat gefunden haben. Die dort jemand waren. Die Gefühle der Grandiosität, die mit bestimmten Aufgaben oder einfach dem „Stand“ einhergehen, das Ausleben von sadistischen Gelüsten. All die Widerwärtigkeiten, die man sehr gerne von sich abschiebt.

Ein weinendes und sich vor Schmerzen windendes Innenkind, dass gerade in einem Flashback eine Folterszene wiedererlebt mag für viele herzzerreißend sein. Aber der Mensch, der dieses Innenkind in sich beherbergt wird leichter Akzeptanz erfahren, als wenn statt des kleinen Kindes ein erwachsener Mann da steht, der süffisant grinst, deutlich macht, dass seiner Meinung nach alle anderen nur Bodensatz für ihn sind. Einer der  vielleicht mit Lust in seiner Stimme von Handlungen erzählt, die er noch gestern durchgeführt hat und die man hier nicht so ohne weiteres beim Namen nennen kann. Und es ist immer noch der gleiche Mensch, dessen Innenkind nur Stunden vorher Schutz unter einer Decke gesucht hat, sein Kuscheltier an sich nahm, den Daumen in den Mund steckte und nach seiner innerlich durchlebten Tortur endlich einschlief.

Das ist es also, was uns erwartet, wir schauen genauer hin. Arbeit mit der Kultidentität. Es geht um Bewusstseins- und Verhaltenskontrolle, wir mögen den Begriff „mind-control“ mit jedem Tag mehr, er erfasst mehr und ist doch deutlich kürzer. Wir wollten es ja auch. Wir wollten im zähen Morast waten, denn früher oder später breitet sich die Fäulnis aus dem inneren bis ganz an die Oberfläche durch – und so können und wollen wir nicht leben.

Radiobeitrag des BR2 „Multple Persönlichkeiten – ‚Ich bin viele'“

Auch wenn dieser Beitrag anfänglich doch sehr stereotypische Beispiele von Menschen mit Dissoziativen Identitätsstörungen (früher „Multiple Persönlichkeiten“) und vor allem die im Alltag geschehenden Persönlichkeitswechsel darstellt.

Mit den Part, der sich mit dem Verstecken der Wechsel, dem Erklären im Alltag und dem perfektionieren von Ausreden beschäftigt, kann ich mich besser identifizieren als mir lieb ist. Ebenso die Zeitverluste.

Trotz Stereotypie gibt es sehr viele Ansätze, die doch (besonders in der Kürze der Zeit) einen hilfreichen ersten Einblick geben können, auch weil dem Format entsprechend die Entstehung einer multiplen Persönlichkeit angesprochen wird.

Besonders der Beitrag von Ellert Nijenhuis, der sich auf dem aktuellen Stand der Forschung befindet, gibt viel Aussicht auf Verbesserung der Situation der Betroffenen.

Was deutlich wird: die Therapie, selbst eine angemessene mit erfahrenen Fachleuten, dauert sehr lange.

Radiobeitrag des Bayern 2 zum Thema „Multiple Persönlichkeit – ‚Ich bin viele'“

u.a. mit Michaela Huber und Ellert Nijenhuis

Quelle: Mediathek Bayrischer Rundfunk

Traumatherapeutensuche für komplextraumatisierte und stark dissoziative Menschen

(Inklusive einer Sammlung von Anlaufstellen und Listen, auf denen Therapeuten zu finden sind, die sich mit komplextraumatisierten und stark dissoziativen Klienten auskennen, weiter unten im Artikel.)

Wer es von meinen Lesern noch nicht weiß: einen kompetenten Traumatherapeuten zu finden ist so ähnlich wie einen 100€ Schein auf der Straße zu finden. Es ist keine übliche Situation und selbst wenn an dem 100€ Schein ein Zettel hängt, der klar macht, dass dieser für den Finder ist und er ihn so nutzen kann, wie er es gerade brauch. Viele werden dennoch Hemmungen haben und auf jeden Fall lange darüber nachdenken, womit sie das verdient haben. Andere ergreifen die Chance bei Schopfe. Jeder ist anders..

Eine ordentliche Traumatherapie ist mindestens genauso schwer zu finden, allerdings selten so einfach wie das Glück über den Geldschein zu stolpern. Es gibt leider genügend Psychotherapeuten, egal ob psychologische, Heilpraktiker, die auf mannigfaltige Art zur Psychotherapie befähigt wurden, oder Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie. Ich behalte mir vor sie einfach alle als (Psycho)Therapeuten zu bezeichnen, auch nutze ich die männliche Form als Sammelbegriff für alle Geschlechter. Ich bin ja schon umständlich genug. Wie gesagt, es gibt nicht genug, es gibt a insgesamt kaum genügend Psychotherapeuten um den allgemeinen Bedarf in der Bevölkerung abzudecken. Sucht man einen Traumatherapeuten, heißt das auch, dass dieser Mensch neben seiner kostspieligen Therapieausbildung, die er nun irgendwie abbezahlen muss, auch noch recht kostspielige Weiterbildung in der Diagnostik spezifischer Traumafolgestörungen, spezifischen Behandlungsmethoden und vieles mehr macht, um seinen Patienten optimal helfen zu können. Gerade in der Psychotherapie muss man ständig up to date sein, da sich dort in den letzten Jahren, besonders in der Traumatherapie, der Sicht auf bestimmte Traumafolgen und der Methodik sehr viel tut.

Als Mensch mit einer im Fach sogenannten „komplexen Traumatisierung“, also in der Regel Traumatisierungen, die nicht nur ein oder einige isolierte Male auftraten, sondern einen längeren Zeitraum des Betroffenen geprägt haben, hat man es schwer selbst unter den Traumatherapeuten jemanden zu finden, der bereit ist, sich mit diesen Traumata auseinanderzusetzen. Es ist nämlich nicht schön und potentiell in der Lage ein Weltbild auf den Kopf zu stellen. Ich verstehe es vollkommen, wenn ein Therapeut offen zugeben kann, dass er überfordert ist. Tut er das nicht, schadet er sich und dem Patienten – oft mehr als man glauben mag.

Ist man gleichzeitig noch stark dissoziativ und nehmen wir dafür das Ende der dissoziativen Fahnenstange, die dissoziative Identitätsstörung, dann hat man das Problem, dass man spätestens hier abgewiesen wird, weil den meisten Therapeuten zu schwierig, sie haben noch keine Erfahrung und trauen sich nicht recht an die Materie heran.

Es gibt natürlich Cracks und Koryphäen auf dem Gebiet der Behandlung von DIS und einigen, gelegentlich damit zusammenhängenden Themen wie organisierte Täterstrukturen, RiGaGs und den Tatsachen, dass nicht alle Klienten es bereits geschafft haben sich aus diesen schädlichen Strukturen zu lösen. Manchmal weil die „Alltagsanteile“ nichts davon wissen und andererseits, weil es immer schwer ist, egal wie sehr z.B. die Familie einem geschadet hat, den Kontakt komplett abzubrechen. Immerhin, es gibt sie. Leicht ist es nicht einen dieser begehrten Therapieplätze zu ergattern. Es gibt kilometerlange Wartelisten, denn die Plätze sind rar – ein schwerst traumatisierter Klient mit einer DIS ist eine Herausforderung und verantwortungsvolle Therapeuten arbeiten nur mit einer begrenzten Anzahl solcher Klienten, zu leicht verheizt man sich sonst in seinem eigenen Job – und wer einen Platz ergattert hat, befindet sich häufig für längere Zeit in Therapie.

Eine Freundin riet uns in etwa folgendes (stark paraphrasiert)

Wenn ihr einen Hintergrund mit mehrfachen Traumatisierungen habt, eventuell auch organisiert und gezielt für die Produktion von Kinderpornographie „verfeuert“ wurdet, Opfer von Kinder- und Zwangsprostitution wart oder seit, wenn ihr rituelle Gewalt erlebt habt oder noch erlebt, wenn ihr Opfer von Verhaltens- und Bewusstseinskontrolle wart, wenn ihr Foltererfahrungen hab und obendrauf noch eine schwere dissoziative Störung habt oder gar eine DIS (ich selber ziehe da keine harten Grenzen, erlebe aber, dass viele Therapeuten dieses eben doch tun), dann müsst ihr euch darauf einstellen, dass die Therapeutensuche langwierig, herausfordernd, oft frustrierend wird und es oft so scheint, als wäre diese Belastung der Mühe nicht wert.

Bleibt zäh!

Lasst euch nicht so schnell abwimmeln. Werdet ihr abgewiesen, weil alles voll ist, ruft spätestens 3 Monate später wieder an!

Bleibt standhaft!

Bleibt dran! Auch wenn ihr nicht durchkommt oder auf mehrere Mails oder Nachrichten auf dem AB keine Rückantwort bekommt: Bleibt dran. So hart es gerade für jemanden ist, dem es schlecht geht und der vielleicht soziale Ängste hat, Therapieplätze bekommen meist diejenigen, die am Ball bleiben.

Vergesst nie, dass ihr es wert seit Hilfe zu bekommen! – und wenn ihr das nicht glauben könnt, redet es euch dennoch ein, denn es ist wahr!

Nehmt unfreundliche Therapeuten am Telefon nicht persönlich, wer weiß, was denen morgens ins Müsli gefallen ist!

Lasst euch nicht entmutigen, auch wenn es leichter gesagt als getan ist!

Die echten Perlen findet man oft an den Orten, wo man sie kaum vermutet hätte, tauch weiter!

Holt euch Hilfe euren Frust loszuwerden, und wenn es „nur“ das Tagebuch ist! Sprecht mit anderen Menschen, lasst euch aufbauen und neuen Mut zusprechen! Wenn ihr alleine seit, helfen euch vielleicht Netz-Communities, Krisentelefone, Gespräche in der nächsten Beratungsstelle.

Wenn jemand von euch weitere Anlaufstellen kennt, die ich hier nicht aufgeführt habe, spezifische Listen oder Suchmaschinen, Adressen usw.: Habt bitte keine Hemmungen sie hier mitzuteilen. Mit eurem Einverständnis, würde ich die Angebote gerne in diesen Thread mit einbauen.

EMDRIA Deutschland e.V. ist ein Verband von Therapeuten mit Zertifizierten Ausbildungen in der Traumatherapiemethode EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing). Auf der Website findet sich auch eine Suchmaske, mit deren Hilfe man Therapeuten, die in Deutschland zertifizierte EMDR-Therapeuten sind, suchen kan. Die meisten der dort gelisteten Therapeuten, sind durchaus auch mit anderen Methoden der Traumabehandlung vertraut. Zur Therapeutensuche.Wer nicht in Deutschland sucht findet hier die Möglichkeit Therapeuten im europäischen Ausland zu finden.

DeGTB – Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie ist eine Fachgesellschaft, die es sich unter anderem zum Ziel gesetzt hat neue Erkenntnisse, Wissen und Informationen zu verbreiten und noch eine ganze Menge mehr. Es lohnt sich dort einmal vorbei zu schauen. Die DeGTB stellt auf ihrer Seite auch eine Suchmaske zur Verfügung, wo man geordnet nach geographischer Lage (hier ist es auch möglich neben Deutschland Therapeuten in Österreich, der Schweiz und in Luxemburg zu suchen), und einer Vielzahl weiterer Kriterien, wie Ausbildung des Therapeuten oder Art des Traumas, nach einem passenden Therapeuten gesucht werden kann. Gelistet sind nur Therapeuten, die DeGTB zertifiziert sind und entsprechende Ausbildungen in Psychotraumatologie abgeschlossen haben. Zur Therapeutensuche.

GPTG – Gesellschaft für Psychotraumatologie, Traumatherapie und Gewaltforschung. Der Name erklärt das Programm. Diese Organisation hat es  Das Besondere der GPTG ist meiner Meinung nach, dass man dort nicht nur nach Ärzten und psychologischen Psychotherapeuten suchen kann, sondern dass eine Vielzahl verschiedener Berufsgruppen, sowie Rettungsassistenten, Polizisten, genauso wie Pfarrer und Seelsorger dort Mitglied sind. Es gibt eine Seite „Hilfe und Beratung„, wo eine sehr Umfangreiche Linkliste, die für traumatisierte Menschen hilfreich sein könnte, zu finden ist, genauso wie Listen von Therapeuten, Kliniken, Fachkräften allgemein, Experten, Therapieformen und Finanzierungswege für eine ambulante Therapie. Eine Suchmaske für die Suche nach spezialisierten Traumatherapeuten in seinem Postleitzahlengebiet (neben Deutschland auch Österreich und die Schweiz) findet man direkt auf der Startseite.

VIELFALT e.V. ist ein Verein, der sich nun schon seit über 18 Jahren für die Information über Dissoziation und der Hilfe für dissoziative Menschen, bzw. im Besonderen für Menschen mit dissoziativer Identitätsstörung ein. Schon sein Jahren veröffentlicht VIELFALT jährlich eine Liste mit Kliniken, die spezielle stationäre Therapieangebote für Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD), für Menschen mit Komplextraumatisierungen und Dissoziativer Identitätsstörung, bzw. anderen stark ausgeprägten dissoziativen Störungen sowie Kliniken die Programme für traumatisierte Patienten, die gleichzeitig eine Suchtproblematik haben. Seit vielen Jahre bemüht sich VIELFALT schon darum eine Datenbank für Therapeuten anzulegen, die Traumatherapie auch für Klienten mit dissoziativen/r (Identitäts)Störung anbieten, sich zum Teil auch mit Themen wie ritueller Gewalt auskennen. Es ist möglich den Verein einfach anzuschreiben und eine Liste für Traumatherapeuten in seiner Region anzufordern. Die Mailadresse dafür lautet vielfalt@vielfalt.de, ansonsten erreicht ihr den Verein auf verschiedenen Wegen über diese Kontaktinformationen.
VIELFALT e.V. ist ein Verein, der wirklich Besonderes für Menschen mit DIS, in der Vergangenheit geleistet hat und dieses noch immer tut. Weihnachten steht ja vor der Tür und Menschen fühlen sich inspiriert gerade in dieser Jahreszeit sich ihrer sozialen Verantwortung noch stärker bewusst zu werden. Wer der westlichen Weihnachtstradition des Spendens föhnen möchte, dem darf ich diesen Verein noch einmal ans Herz legen. Möglichkeiten VIELFALT e.V. zu unterstützen findet ihr hier!

Wildwasser e.V. ist ein Verein, der sich vor allem an Mädchen und Frauen, die von sexuellem Missbrauch betroffen sind, aber auch an Freunde und Angehörige wendet. Wildwasser e.V. hat Beratungsstellen in vielen Städten und Regionen in Deutschland. Viele dieser Beratungsstellen arbeiten ja eng mit Betroffenen zusammen und begleiten viele auch bei der Therapiesuche. Meistens gibt es daher vor Ort eine Liste oder einen Karteikasten, wo Therapeuten verzeichnet sind und – und das kann hilfreich sein – mit Kommentaren von Patienten versehen sind. Es kann unter Umständen helfen so z.B. einige Therapeuten auszuschließen, weil diese nicht mit dissoziativen Klienten arbeiten oder im Gegenteil angeben dafür offen zu sein. Letztendlich ist es natürlich immer eine persönliche Entscheidung ob man mit einem Therapeuten zurecht kommt oder nicht, deshalb sollte man mit Erfahrungsberichten immer sehr bewusst umgehen. Wildwasser e.V. bietet auf seiner Seite auch die Möglichkeit nach Adressen von themenbezogenen bundesweiten Beratungsstellen in der eigenen Region zu suchen. Bei einigen der Beratungsstellen dort kann man euch sicher auch bei der Therapeutensuche helfen und euch eventuell in der Wartezeit begleiten.

Viele Städte haben sogenannte Trauma-Ambulanzen, die auch Behandlungen von Patienten anbieten, nach alle, aber viele haben Erfahrung mit komplextraumatisierten und stark dissoziativen Menschen. Manche können auch an passendere, niedergelassene Therapeuten vermitteln. In folgenden Städten findet ihr Trauma Ambulanzen (das hier ist nur eine Auswahl, denn die Liste ist lang, daher werde ich Links und Kontaktmöglichkeiten in einen separaten Artikel packen und diesen dann hier lediglich verlinken):
Trauma-Ambulanz des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München
Intensivierte Traumatherapie im ZIPB Berlin
Trauma-Ambulanz der Goethe-Universität in Frankfurt/Main
Trauma-Ambulanz des Universitätsklinikums in Münster

Es gibt auch gibt auch allgemeinere Methoden nach (Trauma)therapeuten zu suchen. Bei eurer Krankenkasse könnt ihr immer eine Liste von Therapeuten in euer Nähe anfordern. Ebenso könnt ihr die regionale Suche bei der Bundestherapeutenkammer nutzen. Auch einige der psychiatrischen Institutsambulanzen (kurz PIA genannt) der örtlichen psychiatrischen Krankenhäuser bieten neben akuter psychiatrischer und psychotherapeutischer Hilfe auch Hilfe bei der Suche nach geeigneten niedergelassenen Psychotherapeuten.

Es gibt diverse Websites, die Datenbanken haben, in denen man Therapeuten nach spezifischen Gesichtspunkten, wie z.B. Krankheit, Therapieform usw. auswählen kann. Häufig kann man dort auch direkt nach Traumatherapeuten suchen. Einige dieser Seiten sind, der Psychiatrische Informationsdienst (PID), der auf seiner Hauptseite auch einige nützliche allgemeine Informationen zur Therapeutensuche bereitstellt. Zusätzlich wird dort auch eine telefonische Beratung als Hilfestellung angeboten.

Bei der Therapeutensuche auf „therapie.de“ ist es ebenfalls möglich Therapeuten nach diversen Kriterien in seiner Region zu suchen.

Es gibt noch eine Reihe weiterer Seiten, auf denen man psychologische Berater, Heilpraktiker, Gastalttherapeuten uvm. suchen kann. Ich habe mich hier auf die Anlaufstellen beschränkt, wo man – meiner Meinung nach – mit einer größeren Wahrscheinlichkeit einen Therapeuten oder eine Therapeutin findet, die Erfahrung mit der dissoziativen Identitätsstörung mitbringt, in der Lage ist auch persönliche Geschichten mit komplexen und verworrenen traumatischen Lebenserfahrungen zu „ertragen“, die einschätzen können, wie anstrengend eine Therapie mit solchen Klienten ist und die bereit sind zu den tief verborgen liegenden und vom Klienten gut geschützten Kernthemen vorzudringen.

Checkliste Folgeerscheinungen bei Überlebenden von sexualisierter Gewalt

Die nachfolgende Liste enthält eine Reihe möglicher spezifischer und unspezifischer Symptome, die Folgen erlebter sexualisierter Gewalt sein können. Einzelne Symptome können auch von anderen Störungen herrühren, ihre Häufung legt aber die Wahrscheinlichkeit, dass es eventuell Missbrauchserfahrungen gegeben hat, nahe. Ich habe den Text mehr oder weniger frei aus dem Englischen übertragen.

Checkliste Folgeerscheinungen bei Überlebenden von sexualisierter Gewalt.
von E.Sue Blume, Autorin von „Secret Survivors“

Diese Liste basiert auf Beobachtungen und Interviews mit Überlebenden sexualisierter Gewalt, sowie der Arbeit der Organisation „New York Women Against Rape“

  1. Angst vor dem Alleinsein in der Dunkelheit, davor alleine zu schlafen, Nachtangst, Albträume (besonders von Vergewaltigung, Verfolgung, Bedrohung, eingesperrt sein, Blut)

  2. Schluckbeschwerden; Abscheu gegen Wasser im Gesicht beim Baden, Duschen oder Schwimmen (Erstickungsgefühle)

  3. Entfremdung vom Körper, sich im Körper nicht zu Hause fühlen; Unfähigkeit Signale des Körper richtig zu deuten und körperliche Bedürfnisse angemessen zu erfüllen; zwanghafte Reinlichkeit, inkl. baden oder duschen mit brühend heißem Wasser oder absolute Gleichgültigkeit was das äußere Erscheinungsbild und Körperhygiene betrifft

  4. Magen-Darm-Beschwerden; gynäkologische Beschwerden (inkl. spontaner vaginaler Infektionen), vaginales Narbengewebe; Kopfschmerzen; Arthritis und Gelenkschmerzen; starke Abneigung gegenüber Ärzten, besonders Gynäkologen und Zahnärzten

  5. Das Tragen von vielen Kleidungsstücken, selbst im Sommer; weite Kleidung; Schwierigkeiten Kleidung abzulegen, selbst wenn angebracht (beim Schwimmen, Baden, Schlafen); extremes  Bedürfnis nach Privatsphäre beim Benutzen des Badezimmers

  6. Essstörungen; Drogen- oder Alkoholmissbrauch (oder totale Abstinenz); andere Abhängigkeiten; zwanghaftes Verhalten (inkl. zwanghaftem Betätigungsdrang)

  7. Selbstverletzung (ritzen, verbrennen, etc., physischer Schmerz ist kontrollierbar, Abhängigkeit erzeugendes Muster); Selbstzerstörung

  8. Phobien, Panikattacken

  9. Bedürfnis danach unsichtbar zu sein, perfekt oder im Gegenteil gänzlich schlecht

  10. Selbstmordgedanken, -versuche oder Besessenheit vom Suizid (inkl. „passiver Selbstmord“)

  11. Depression (zeitweise lähmend), scheinbar grundloses Weinen

  12. Probleme mit Aggression: Unfähigkeit Wut zu erkennen, sich einzugestehen oder auszudrücken; Angst vor tatsächlichem oder eingebildetem Zorn, ständige Wut, heftige Feindseligkeit gegenüber des gesamten Geschlecht oder der ethnischen Gruppe („Rasse“) des Täters

  13. Dissoziation („Abspaltung“), Depersonalisation, Schockzustände; in Krisensituationen blockiert sein (stressige Situationen sind immer Krisen), seelische Erstarrung; körperliche Schmerzen oder Taubheit, die in Verbindung mit einer spezifischen Erinnerung, Emotion (z.B. Wut) oder Situation (z.B. Sex) steht

  14. Kompromisslose Kontrolle der eigenen Denkprozesse; übermäßiger Ernst und Humorlosigkeit oder ein ausgeprägt scharfer Verstand

  15. In der Kindheit oft versteckt, verharrt, sich in Ecken gekauert (Verhalten ausgerichtet darauf Schutz zu suchen); als Erwachsener Nervosität, sich beobachtet fühlen, Schreckhaftigkeit, Hypervigilanz (erhöhte Wachsamkeit)

  16. Probleme/Unfähigkeit zu vertrauen (zu vertrauen scheint nicht sicher); bedingungsloses Vertrauen, dass in Zorn umschlägt, wenn enttäuscht; wahlloses Vertrauen

  17. Hohe Risikobereitschaft; Unfähigkeit Risiken einzugehen

  18. Schwierigkeiten mit Grenzen, Kontrolle und Macht; Angst vor Kontrollverlust; zwanghafte Verhaltensweisen (Versuche Unwichtiges zu kontrollieren, nur um überhaupt etwas zu kontrollieren); verwechseln von Macht und Sex

  19. Schuld, Scham, niedriges Selbstbewusstsein, Gefühle von Wertlosigkeit; übertriebene Wertschätzung von keinen Gefallen anderer

  20. Muster von Opferverhalten (sich selbst bestrafen, nachdem man von anderen schikaniert wurde), besonders in sexueller Hinsicht; kein Gefühl für die eigene Macht oder das Recht Grenzen zu setzen und „Nein“ zu sagen; Verhaltensmuster von Beziehungen mit sehr viel älteren Personen (Beginn in der Jugend) oder übertriebener Sinn für den eigenen Bedarf; auch im Erwachsenenalter immer wieder Opfer anderer werden (sexualisierte Gewalt, inkl. sexuelle Ausbeutung durch Vorgesetzte oder professionelle „Helfer“)

  21. Das Bedürfnis etwas zu schaffen und geliebt zu werden; instinktiv wissen und tun, was der andere möchte oder braucht; Beziehungen bedeuten Kompromisse („Liebe“ wird genommen, nicht gegeben)

  22. Verlustangst; Wunsch nach Beziehungen ohne Getrenntsein; Angst vor und Vermeidung von Intimität

  23. Verdrängen bestimmter Lebensabschnitte (besonders zwischen dem 1. und 12. Lebensjahr, kann bis ins Erwachsenenalter reichen), bestimmter Personen oder Orte

  24. Das Gefühl ein schreckliches Geheimnis mit sich herumzutragen; der Drang zu erzählen vs. der Angst, dass es offengelegt werden könnte, bzw. dass niemand zuhören würde; allgemein verschlossen sein; das Gefühl gezeichnet zu sein (der „scharlachrote Buchstabe“)

  25. Sich verrückt fühlen, anders fühlen, sich als unwirklich und andere als real wahrnehmen oder umgekehrt; Phantasiewelten, -beziehungen oder -identitäten (z.B. bei Frauen: sich wünschen oder vorstellen männlich zu sein und vermeintlich damit kein Opfer) erschaffen

  26. Leugnen, verdrängen von Erinnerungen, bagatellisieren („es war ja nicht so schlimm“), Träume oder Erinnerungen („vielleicht bilde ich mir das nur ein“), Flashbacks (so beginnt der Erinnerungsprozess in der Regel), starke und unangemessen negative Reaktionen auf Menschen, Orte oder Situationen, „Körperflashbacks“ (körperliche Reaktionen) ohne deren Bedeutung zu erkennen; das Erinnern einer Umgebung ohne das eigentliche Ereignis zu erinnern. Erinnerungen beginnen oft mit dem am wenigsten bedrohlichen Ereignis oder Täter. Tatsächliche Einzelheiten des Missbrauchs werden eventuell nie vollständig erinnert, dies ist allerdings für die Heilung unerheblich. Innere Beschützerinstanzen/Schuzmechanismen lassen immer nur so viele Erinnerungen zurückkommen, wie man auch in der Lage ist zu verarbeiten.

  27. Sexuelle Probleme: Sex fühlt sich „schmutzig“ an; Abneigung gegen Berührungen, besonders gynäkologische Untersuchungen; starke Abneigung gegen oder der starke Drang nach bestimmten sexuellen Praktiken; sich vom eigenen Körper betrogen fühlen; Schwierigkeiten Sexualität und Emotionen unter einen Hut zu bringen, Verwechseln von Zuneigung, Sex, Dominanz, Aggression und Gewalt; Streben nach Macht in sexuellen Belangen, was tatsächlich ein sexuelles Ausagieren darstellt (Manipulation, Missbrauch anderer); zwanghaft asexuell oder verführerisch sein; Promiskuität; Sex mit Fremden, aber gleichzeitig das Unvermögen Sex innerhalb einer intimen Beziehung zu haben; Prostitution, etc.; Sexsucht, Vermeiden von Sex; weinen nach dem Orgasmus; jeder Verkehr fühlt sich wie eine Grenzüberschreitung an; Sexualisierung aller bedeutsamen Beziehungen; sexuelle Reaktionen auf Missbrauch oder Gefühle der Wut; Vergewaltigungsphantasien (oft resultieren daraus Gefühle von Schuld und Verwirrung , Teenagerschwangerschaften

  28. Muster von ambivalenten oder stark konfliktbehafteten Beziehungen (bei echter Intimität treten die Schwierigkeiten eher auf als in problematischen Beziehungen, wo der Fokus schnell von der eigentlichen Missbrauchsproblematik abgelenkt wird); auch Partner leiden unter den Konsequenzen des erlittenen Missbrauchs des/der Lebensgefährten/in

  29. Meiden von Spiegeln (steht in Verbindung mit dem Gefühl unsichtbar zu sein/sein zu müssen, Scham, Selbstwertproblemen, verzerrter Körperwahrnehmung)

  30. Der Drang den eigenen Namen zu ändern (um sich von den Tätern zu distanzieren oder ein Gefühl von Kontrolle durch die neue Selbstbezeichnung zu gewinnen)

  31. Glücklich zu sein nur begrenzt dulden können, aktives Vermeiden von Freude, dem Gefühl der Freude nur widerstrebend trauen

  32. Scheu davor Lärm zu machen (z.B. während des Geschlechtsverkehrs, weinen, lachen oder andere Körperfunktionen); verstärkt auf jedes Wort achten; leise sprechen, besonders wenn es eigentlich nötig wäre, dass man gehört wird

  33. Stehlen (Erwachsene), Feuer legen (Kinder)

  34. Multiple Persönlichkeiten/Dissoziative Identitätsstörung (die oft unerkannt bleibt)

  35. Vermeiden bestimmter Nahrungsmittel aufgrund der Konsistenz (z.B. Mayonnaise), dem Erscheinungsbild (z.B. Bratwurst), Geruch oder Geräusch an den Missbrauch selbst oder den Täter erinnern; Abneigung gegen Fleisch oder rote Nahrungsmittel

  36. Zwanghafte (Un)ehrlichkeit

  37. Erhöhte Aufmerksamkeit bezüglich Kindesmissbrauch oder das Unvermögen Kindesmissbrauch als solchen zu erkennen; Vermeiden des Themas Missbrauch; die Tendenz Beziehungen zu Menschen einzugehen, die selbst (Kinder) missbrauchen

Quelle: The Incest Suvivors Aftereffect Checklist

Text eines Partners und Freundes: „Mein Umgang als Angehöriger mit der DIS“

Hier im Blog wird ja vornehmlich die Sicht einer Betroffenen (sprich mir) auf die DIS und die damit einhergehenden Probleme und Hintergründe dargestellt. Ich freue mich daher sehr darüber hier auch den Text eines Partners und Freundes von multiplen Menschen veröffentlichen zu dürfen, der den Umgang mit Betroffenen von seiner Warte aus beschreibt.

Mein Umgang als Angehöriger mit der DIS

Wie die meisten Menschen die in ihrem Leben nie direkt mit dem Thema Missbrauch konfrontiert waren, hatte ich zu Anfangs große Schwierigkeiten mich mit DIS und deren Ursachen auseinander zu setzen. Und weil ich es damals nicht anders wusste, übernahm ich im Umgang mit den Multis die ich kannte die Sichtweise der Betroffenen. Ich behandelte jeden Innie so wie er sich selbst auch wahrnahm: als eigenständig und entsprechend als Kind oder als Erwachsenen und passend zu dem gefühlten Geschlecht.

Im Ergebnis war das allerdings keine so gute Idee, wie ich aber auch erst viele Jahre später realisiert habe. Zum Einen machte ich mir damit letztlich selbst das Leben schwer, denn ein multiples System ist auf höchst effiziente Weise funktional und Betroffene wissen dies zudem auch effektiv zu nutzen, wenngleich dies in der Mehrzahl der Fälle sicher nicht mit bewusster Absicht geschieht sondern instinktiv passiert. Zum Zweiten unterstützt es die Trennung der einzelnen Anteile und nimmt dem Systems die Notwendigkeit ab, selbständige ein gemeinsames Verantwortungsgefühl zu entwickeln.

So als Beispiel: hatte ich mit Person A Streit, verschwand die einfach und Person B tauchte auf, welche von ihrer Sicht aus mit dem ganzen Thema nichts zu tun hatte. Für das System funktioniert das als Ausweichmechanismus prima – für mich leider überhaupt nicht.
Im Übrigen ist man als Freund eines Multis auf diese Weise mehr oder weniger oft in ‚guter Cop, böser Cop‘ Spiele verwickelt. Denn zur Überlebensstrategie vieler Systeme gehört auch das Mittel der Manipulation. Jedenfalls ist das meiner Erfahrung nach so.
Wer in einer Welt aufwächst in der Manipulation allgegenwärtig ist, in einer Welt in der Bedürfnisse im besten Fall ignoriert, im schlimmsten Fall bestraft werden, der sucht eben zwangsläufig eigenen Wege um seine Wünschte zu erreichen. Als gutmütiger oder unerfahrener Freund oder Partner kann man da tatsächlich recht schnell unter die Räder geraten, wenn man sich nicht rechtzeitig genug abgrenzt und selbst schützt.

Wie ich auch erst im Nachhinein bemerkte, hat mir diese oben beschriebene Art des Umgangs mit der DIS überhaupt nicht gut getan und durch verschiedene Umstände hat sich deshalb meine Einstellung inzwischen auch sehr geändert.
Heute behandle ich einen Multi auch nicht mehr anders als ich es mit jedem anderen Menschen tun würde. Ich hatte unlängst mit einer lieben Freundin, selbst Betroffene, ein Gespräch zu genau diesem Thema.
Mir ist durchaus klar, das sich viele Persönlichkeitsanteile subjektiv als eigenständig erleben. Doch wie der Name sich ja nun selbst erklärt ist es ein Persönlichkeitsanteil, also ein Teil eines Ganzen. Und jeder abgespaltene Anteil ist ursprünglich entstanden um ein Bedürfnis zu befriedigen – das Bedürfnis zu Überleben. Und das hat eben nur durch diesen radikalen Mechanismus der Psyche, der Dissoziation und die amnestische Trennung funktioniert.
Dieser Verarbeitungsmechanismus jedenfalls hat den Nebeneffekt, das wenn der eine Anteil etwas tut, dann fühlt sich der andere Anteil dafür oft nicht verantwortlich. Nun entspringen aber beide der gleichen ursprünglichen Psyche und unabhängig davon wie eigenständig sich Einzelner erleben mag, ist und bleibt er doch immer eine Facette vom gesamten System und damit Teil eines jeden anderen. Jeder einzelne Anteil trägt den Charakter des Gesamtsystems in sich und trägt umgekehrt auch zum Charakter des Gesamtsystems bei. Das gilt im Guten wie im Schlechten. Wenn also ein einzelner Anteil lieb und nett ist und der Rest des Systems das nicht ist, macht das für mich als Außenstehenden keinen Unterschied mehr. Oder als einfaches Beispiel: wenn mich das System mit den Leuten A – F verarscht, dann ist es unerheblich das Kind G nach vorne kommt und wieder lieb mit mir sein will. Aber das funktioniert eben auch umgekehrt: wenn ich mit allen Anteilen eines Systems nur positive Erfahrungen gemacht habe, dann fällt es mir leichter mit Täterintrojekt X umzugehen, bzw. dessen Umgang zu verarbeiten.

Was nun das weiter oben genannte Beispiel für Streitkultur angeht, so lässt es erkennen das sich Multi und Uno grundsätzlich mal gar nicht so sehr voneinander unterscheiden: wenn mir persönlich etwas nicht passt, entweder was ich bin oder das ich tue, dann verdränge ich diesen Aspekt eben einfach – in letzter Zeit kaum noch, früher tat ich das dafür sehr stark. Multi hingegen spaltet vergleichbaren Aspekt in Form eines sich als eigenständig erlebenden Persönlichkeitsanteils, ab. Also tun wir beide nix anderes. Die Bewältigungsstrategie ist im Kern die gleiche.
Der Unterschied liegt nur darin, das ich als Uno sehr viel leichter lernen konnte diese Strategie zu erkennen und ihr entgegen zu wirken. Multi hingegen war gezwungen diesen psychischen Mechanismus ins Extremste zu perfektionieren um überhaupt überleben zu können. Und das lässt sich nicht mal so eben umlernen.

Meine sehr liebe Freundin hat mich nun auch gefragt, bzw. gemeint, das ich aber die Kinder anders behandeln würde als ich es mit den Erwachsenen Anteilen tue. Und nein, das tue ich nicht mehr.
Ich trage sehr wohl der Tatsache Rechnung das sich jeder als eigenständig erlebt und das eben jeder auch für eine Gemütsverfassung oder eine Situation oder anderes steht, oder stehen kann – das er aber nicht eigenständig ist, bleibt für mich deswegen unbestritten.
Heute sehe ich den Wechsel zwischen einzelnen Systemanteilen einfach als ein Mittel oder als Ausdruck des Systems in einer Bestimmte Situation auf adäquate Weise zu (re)agieren. Kommen etwa Kinder nach vorne, kann das systemabhängig z.B. ein Bedürfnis nach Nähe oder auch im Gegenteil, nach Ruhe ausdrücken.
Wenn ich den Einzelnen vor mir habe und entsprechend handle und doch ebenfalls das System als Ganzes sehe, ist das also kein Widerspruch.

Natürlich ist es nicht immer ganz so einfach, denn von allem anderen abgesehen handelt es sich bei einem Multi noch immer um einen traumatisierten Menschen und diesem Aspekt ist ebenfalls Rechnung zu tragen. Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings nicht, das ein Multi nun erwarten darf, das sich sein Umfeld deshalb gänzlich und bis zur Selbstaufgabe auf ihn einlässt.
Mit der Einstellung die ich heute zur DIS habe, ist mein Leben mit Vielen um Einiges unkomplizierter geworden. Und das gilt für mich selbst und in gleichem Maße für meine Partnerin. Nach meiner Erfahrung lassen sich auf diese Weise sowohl Missverständnisse besser klären, aber auch Bedürfnisse und Wünsche viel direkter und einfacher ansprechen. Es gelten für alle Beteiligten die selben Regeln und der selbe Bezugsrahmen, unabhängig vom erlebten Alter, Geschlecht oder der persönlichen Weltanschauung.

Manch einem Multi(Anteil) mag es ungerecht oder schwierig erscheinen so behandelt zu werden, denn schließlich ist DIS keine gewählte Lebenseinstellung, sondern eine Überlebensstrategie die für Betroffene auch für die Alltagsbewältigung oft notwendig ist. Und wenn Multi nur diesen einen Umgang mit der Welt kennt, dann ist meine dargelegte Einstellung dem ein oder anderen vielleicht zuwider. Doch um mich hier ganz klar abzugrenzen: darauf einzugehen liegt nicht in meiner Verantwortung. Es ist nicht meine Sache, auch nicht als Freund oder Partner, mit jedem Innie so umzugehen wie der das gerne hätte. Für mich als Außenstehender ist nur der Umgang mit dem System als Ganzes entscheidend und entsprechend werde ich mich auch verhalten. Alles andere liegt beim System, entweder im Umgang mit der Situation oder im Umgang mit sich selbst und seinen Anteilen – Systemverantwortung eben.

Als Angehöriger will ich meine Partnerin natürlich so gut ich kann unterstützen. Und ich habe festgestellt, das dies am besten funktioniert, wenn unser Umgang miteinander so unkompliziert wie irgend möglich ist. Und was soll ich sagen? So wie es jetzt ist, tut uns das beiden und der Beziehung offensichtlich richtig gut ^^

Was es für uns bedeutet „Viele“ zu sein – Pt. IV

Ca. 2005/’06 haben wir schon einmal versucht in Worte zu fassen, wie das Leben mit einer dissoziativen Identiätsstörung bei uns ausschaut, auch das möchten wir hier mit euch teilen und zu einem späteren Zeitpunkt das als Referenz für eine Bestandsaufnahme hernehmen, schauen, was sich eventuell bis heute verändert hat:

(Teil 1)

(Teil 2)

(Teil 3)

Der ganz normale Wahnsinn eines Alltags mit DIS (Teil 4)

Und neben all dem, deinem ganz normalen Alltag, existiert eine Parallelwelt. Du führst ein Doppelleben, von dem du nichts mitbekommst. Freiheit ist eine Illusion. Noch immer wirst du von einer Tätergruppe, die dich schon seit Jahrzehnten ihr Eigen nennen abgeholt. Du bist Teil ihrer Gemeinschaft – oder um genauer zu sein – Andere in dir sind Teil dieser Gemeinschaft. Ja, du bist nicht die Einzige, die in deinem Körper wohnt und Kontrolle über ihn hat. Du bist aufgespalten. Die „Anderen“ ertragen für dich Folter, Vergewaltigung und viele andere Dinge, von denen du keine Ahnung hast, die du nicht verstehen könntest. Die Anderen in dir sind die Opfer der Gewalt, ertragen, erdulden, wieder andere haben das Gedankengut der Gemeinschaft so sehr verinnerlicht, dass sie so geworden sind wie die Gruppe, der du, der ihr gehört. Es ist wie in einem schlecht gemachten Horrorfilm oder die wahnwitzige Geschichte eines paranoiden Verschwörungstheoretikers.

Wie sollst du das Glauben? Wie sollst du akzeptieren, dass deine eigene Familie dich missbraucht hat, dich weiterverkauft hat, dass dein eigener Großvater in seinem schön ausgebauten Keller eine Folterkammer hatte, dass er dich und deine Geschwister oder Cousinen zu allerhand abartigen Sexualpraktiken hingegeben hat – nicht ohne das ganz auch in Szene zu setzen, zu fotografieren, zu filmen. Wie sollst du glauben, dass du zu einer Art Sekte gehörst, eine Gemeinschaft, die ihre Mitglieder manipuliert, wo nicht nur Tieropfer dargebracht werden.

Du überlebst, weil du es nicht weißt, weil es nicht dir selber passiert.

Natürlich erlebt sich nicht jedes System auf diese Weise. Auch hat nicht jedes System den gleichen Hintergrund. Was ich hier in Bruchstücken beschrieben habe, ist einiges was mir selber passiert ist, wie ich mich und mein Leben wahrgenommen habe.

Bis ich 23 war habe ich ganz ernsthaft geglaubt ich wäre von Dämonen besessen. Das schien mir die passende Erklärung zu sein. Ich dachte dann, ich wäre vielleicht Schizophren, würde mir alles, was in meinem Kopf vor sich geht, was ich glaubte zu erinnern, nur einbilden. Und wer hört schon Stimmen. Es hat eine Weile gedauert bis ich verstehen konnte, wer oder was ich bin – und das auch erst, als sich jemand die Zeit genommen und die Mühe gemacht hat es zu erklären. Die Diagnose „Dissoziative Identitätsstörung“ wurde schon viel früher gestellt, allerdings sprach niemand mit mir darüber. Ich wusste nicht einmal, dass ich sie hatte oder dass diese Störung existiert.

Ich hatte ein wenig Schwierigkeiten die Diagnose anzunehmen. Vielleicht nicht in dem Maße, in dem andere Menschen mit „ihrer“ DIS kämpfen, denn auf irgend eine Art und Weise war ich froh endlich herausgefunden zu haben, was da mit mir nicht stimmt. Ich erlebe es immer wieder, dass Multiple ihre Störung nicht wahrhaben wollen und ich kann mir auch vorstellen, dass es Punkte gibt, die man nicht so gerne akzeptiert. Zum einen bekommt man von außen bestätigt, dass man zeitweise keine Kontrolle über sein eigenes Handeln hat. Der Mensch an sich ist ein Kontrollfreak, er benötigt zumindest das Gefühl die Kontrolle zu haben. Es vermittelt ihm Sicherheit.

Ja und dann gibt es das, was ich so gerne als „Rattenschwanz“ bezeichne. Die Diagnose DIS bedeutet auch gleichzeitig, dass einem in einem sehr frühen Stadium der eigenen Entwicklung, also im Kleinkindalter, massive Gewalt angetan wurde. Sonst hätte sich die Seele nicht aufspalten müssen um sich zu schützen, um buchstäblich (und das ist keine Übertreibung) zu überleben. Puh… akzeptieren, dass Menschen ein Kleinkind derartig missbrauchen, foltern, vernachlässigen – und das über Jahre hinweg (denn die DIS entsteht nur, wenn die traumatischen Situationen immer und immer wieder geschehen, es kein Entrinnen, keine Hilfe gibt)… und dann versuchen das mit einem Weltbild von guten Eltern, die ein Kind schützen (sollten) oder dem Bild vom „edel, hilfreich und guten“ Menschen zu vereinbaren… das ist schwer. Man muss eine ganze Weltanschauung über Bord werfen, wenn man eine Diagnose wie die DIS akzeptieren will

Wundert es da, dass Betroffene lieber leugnen, sich einreden sie wären nur „zu gute Schauspieler“ und das Fachleute die Existenz einer solchen Störung aufgrund wiederholter Traumatisierungen in der frühen Kindheit nicht anerkennen?.

Ich bekomme noch immer regelmäßige Anfälle von „Fakeritis“, dann werden die Zweifel zu groß, ich glaube ich bilde mir nur etwas ein, ich lüge, ich übertreibe, ich bin ein Hypochonder, jemand, der zu viele Bücher gelesen hat… oder schlicht ein unglaublich böses Mädchen, dass guten, braven Bürgern die unmöglichsten Sachen unterstellt.

…und vielleicht braucht man das auch manchmal, um sich eine Pause zu gönnen, eine Pause von der oft grausamen Realität.

Was es für uns bedeutet „Viele“ zu sein – Pt. III

Ca. 2005/’06 haben wir schon einmal versucht in Worte zu fassen, wie das Leben mit einer dissoziativen Identiätsstörung bei uns ausschaut, auch das möchten wir hier mit euch teilen und zu einem späteren Zeitpunkt das als Referenz für eine Bestandsaufnahme hernehmen, schauen, was sich eventuell bis heute verändert hat:

(Teil 1)

(Teil 2)

Der ganz normale Wahnsinn eines Alltags mit DIS (Teil 3)

In deinem Kleiderschrank sind Baggypants (du würdest so was im Traum nicht anziehen), komische rote Rollkragenpullover, T-Shirts mit Totenschädeln und bei keinem der Kleidungsstücke könntest du dich erinnern es gekauft zu haben. „Ach“ sagst du dir „die muss wohl jemand hier vergessen haben“ oder du ignorierst es einfach, vergisst, dass es da ist. Ebenso wie die Legosteine, auf die du nachts trittst. Hast du überhaupt Lego? Doch schon seit Jahren nicht mehr…

Du hast aufgehört Tagebuch zu führen. Es macht dir Angst. Es ist als ob sich die Bücher von selber schreiben, du hast es tagelang nicht zur Hand genommen und dennoch sind wieder 20 Seiten mit zum teil merkwürdig fremd und doch vertrauten Handschriften, die hast du schon öfter gesehen, nur was da geschrieben steht, das ergibt für dich keinen Sinn.

Du zeichnest auch nicht mehr gerne, beziehungsweise dein schlägt Herz jedes mal schneller, wenn du deinen Block aufmachst. „Bitte, bitte, lass ihn heute leer sein, nicht schon wieder eines dieser schrecklichen Bilder“. Du öffnest den Block und es flattert dir ein Blatt entgegen mit einer merkwürdigen Szene. Du hast diese Szenen schon öfter gesehen, es gibt bestimmt tausende solcher Bögen in deiner Wohnung, aber sie machen dir Angst. Du weißt nicht genau warum, aber diese merkwürdigen Bilder, die du nicht verstehst, lösen in dir ein tiefes Grauen aus, dass du gar nicht benennen kannst. Ab und an nimmst du einen Stapel und wirfst ihn in die Papiertonne.

Dein Lehrer möchte dringend mit dir reden. Er hätte dich schon eine ganze Weile beobachtet, dein Verhalten sei so merkwürdig, er findet du benimmst dich, als wärst du eine gespaltene Persönlichkeit. Du denkst: „Ich bin doch nicht schizophren“, bekommst Angst. Etwas tief in dir schreit „Er hat uns erkannt“ mit vielleicht so was wie Hoffnung, andere Stimmen, lautere Stimmen schreien „Verräter“, in deinem Kopf wird es so laut, dass du nicht mehr klar denken kannst, du hast hämmernde Kopfschmerzen, bekommst nicht mehr mit was passiert. Irgendwie raus aus der Situation, die du selber nicht verstehst. Im Ausreden finden bist du klasse, los, lass dir was einfallen.

Du gehst in eine Kirchengemeinde, schon recht oft, recht lange. Du suchst nach etwas, vielleicht ist es Gott, vielleicht aber nur andere Menschen, die nett zu dir sind. Du liest in der Bibel, dort steht etwas geschrieben von einem Mann, der von Dämonen besessen wurde, diese nannten sich Legion, denn sie waren viele. Es knallt in deinem Kopf. Vielleicht ist es das, denkst du dir, vielleicht ist es das was mit mir los ist. Ich bin von vielen Dämonen besessen die in meinem Kopf wohnen. Der nette Geistheiler mit dem blonden Bart ist schon seit Tagen dieser Meinung und bietet dir an dir die Dämonen auszutreiben. Drei Tage und Nächte verbringst du im Kreis einiger unermüdlicher, die Beten, in Zungenreden, die Dämonen in dir anbrüllen und sie zum Auszug zu bewegen. So jedenfalls stellst du dir das vor. Du tauchst ständig ab, bist in Trance und verstehst ohnehin nicht was passiert.

Gebracht hat es nichts. Dein Leben geht weiter wie bisher. Du hast einfach keine Ahnung was passiert. Du betest jeden Tag, du verzweifelst. Du fühlst dich dreckig und schmutzig.

Dein Kumpel macht dir eine mächtige Szene, weil du nicht mit ihm Schlafen willst (hast du auch noch nie, ihr seit einfach gute Freunde), er meint, dass du dich sonst ja nicht so anstellen würdest, du beschimpfst ihn als dreckigen Lügner, bekommst das auch prompt zurück. Du bist sauer, verstehst die Welt nicht mehr und ziehst von dannen.

Du hasst es. Es scheint als hätte jeder Mensch mehr Kontrolle über sein Leben als du. Oftmals wachst du morgens auf, hast überall blaue Flecke, dein Hals tut dir weh und du hast Schürfwunden an Hand und Fußgelenken. Du hast Schmerzen im Schritt und als du aufs Klo gehst, stellst du fest, dass der Damm ein Stück eingerissen ist, ein „nicht schon wieder“ verhallt in deinen Gedanken, du willst es einfach gar nicht wissen. Wenn du dich geduscht hast und zur Uni gegangen bist, hast du es auch schon wieder vergessen, du wunderst dich vielleicht noch über die Schmerzen in deinen Hüften… aber das muss wohl daran gelegen haben, dass du heute Nacht wieder so schräg im Bett gelegen hast.

Nächte sind sowieso miserabel. Du hast eigentlich nur Albträume, du traust dich kaum einzuschlafen, wenn du mal mehr als 3 Stunden geschlafen hast, beglückwünschst du dich. Jeden Morgen fühlst du dich gerädert, wie ein benutztes Taschentuch. Das Chaos in deinem Kopf kannst du kaum aushalten, du bist depressiv, verzweifelt und weißt nicht wo all das herkommt. Du hast Angst. Oft ist es als drifte die Welt von dir weg, oder du aus deinem Körper. Um dich überhaupt mal spüren zu können schlägst du deinen Kopf so lange gegen deine Zimmerwand, bis es blutet oder du ohnmächtig wirst.

(Teil 4)

Was es für uns bedeutet „Viele“ zu sein – Pt. II

Ca. 2005/’06 haben wir schon einmal versucht in Worte zu fassen, wie das Leben mit einer dissoziativen Identiätsstörung bei uns ausschaut, auch das möchten wir hier mit euch teilen und zu einem späteren Zeitpunkt das als Referenz für eine Bestandsaufnahme hernehmen, schauen, was sich eventuell bis heute verändert hat:

(Teil 1)

Der ganz normale Wahnsinn eines Alltags mit DIS (Teil 2)

Wie ist es multipel zu sein? Ich werde das öfter mal gefragt. Nun, stell dir vor, dein Gedächtnis ist ein Schweizer Käse, nein, es stinkt nicht und schmeckt gut… es ist voller Löcher. Stell dir vor, dein Wecker klingelt, du stehst auf, willst ins Bad gehen und das nächste was du weißt ist, wie du in der Straßenbahn stehst, ein Goofy-T-Shirt trägst und feststellst, dass du nur eine Tasche dabei hast und die Ordner für die Uni wohl noch daheim liegen – wo sie nicht hingehören. Kling lustig? Mag sein, von außen betrachtet.

Stell dir vor du stehst mitten im Kaufhaus, einer der Mitarbeiter spricht recht unfreundlich zu dir, um es vorsichtig zu formulieren, neben dir ist ein Regal wohl vollkommen abgeräumt, Scherben auf dem Boden, deine Hände sind blutig. Nicht mehr ganz so lustig, oder? Der Rest des Tages auch nicht.

Du gehst in der warmen Maisonne spazieren… und das nächste was du weißt ist, wie du daheim vor dem Fernseher sitzt, der Regen prasselt gegen die Fensterscheibe und das Datum, dass in deiner Nachrichtensendung eingeblendet ist lässt auf November schließen. Da bekommt Rudi Carrells Frage danach, wo der Sommer geblieben ist eine ganz neue Bedeutung.

Manchmal findest du dich an Orten wieder, die du weder kennst noch wüsstest du, wie du dort hin gelangt bist. Du möchtest deinen Dozenten anrufen und dich dafür entschuldigen, dass du in der letzten Seminarstunde gefehlt hast, denn du kannst dich partout nicht daran erinnern was gestern war – sicher ist sicher. der Tag ist wie aus deinem Gedächtnis radiert. Zufällig stolperst du über deinen Block mit den üblichen Aufzeichnungen für die Uni, dort steht in kleiner, ordentlicher Schrift das Datum vom gestrigen Tage, der Name des Seminars und darauf ungefähr 10 Seiten Notizen in dieser mikroskopisch kleiner Schrift, die wohl öfter mirakulös in deinen Aufzeichnungen auftaucht.

Du hörst Stimmen, jeden Tag und zu jeder Minute. Manchmal kannst du sie verdrängen. Stimmenhören ist nicht gut, das haben nur schizophrene Menschen, Menschen die deswegen in die Klapsmühle bekommen. Hoffentlich erfährt niemand, wie laut es in deinem Kopf ist, die würden dich bestimmt sofort einweisen. Die Stimmen sind in deinem Kopf, fast wie Gedanken die zu laut sind und die du nicht selber denkst. Du kannst sie regelrecht hören. Streitenden Stimmen, beruhigende Stimmen, ängstliche Stimmen, die immer und immer wieder die gleichen Sätze sagen oder brüllen, Unterhaltungen, du wirst angesprochen – bloß nicht reagieren, ich glaube ich werde verrückt – kleine Mädchenstimmen singen ein Lied, Babys jammern und Schreien, weit in der Ferne hörst du eine Frau schreien, ganz langsam und durchdringend. Du hast mal den Fehler gemacht und so etwas angedeutet, als du wieder nicht wusstest, was passiert ist und du dich in der geschlossenen Station der örtlichen Psychiatrie wieder gefunden hast, mit Tränen in den Augen hast du den Mann gebeten dir zu helfen, der Lärm im Kopf sei unerträglich. Auch was danach passierte weißt du nicht mehr genau. Irgendwann hast du einen Wisch gefunden wo etwas von „halluzinatorischer Psychose“ drinstand, offenbar wurdest du nach einigen Tagen entlassen…

Und bei alledem hast du keine Ahnung was da in dir vor sich geht.

(Teil 3)

(Teil 4)

Was es für uns bedeutet „Viele“ zu sein – Pt. I

Ca. 2005/’06 haben wir schon einmal versucht in Worte zu fassen, wie das Leben mit einer dissoziativen Identiätsstörung bei uns ausschaut, auch das möchten wir hier mit euch teilen und zu einem späteren Zeitpunkt das als Referenz für eine Bestandsaufnahme hernehmen, schauen, was sich eventuell bis heute verändert hat:

Der ganz normale Wahnsinn eines Alltags mit DIS

So, wunderbar, man hat vielleicht hier in äußerst knappen Worten gelesen was so der handelsübliche Fachmensch über diese nicht ganz alltägliche Störung zu berichten weiß. Vielleicht hat man auch ein erstes grobes Verständnis in sich aufkeimen lassen und die lang genährte Vorstellung über Board werfen können, dass eine gespaltene Persönlichkeit ja wohl ein schizophrener Mensch ist, der schleunigst, aber ganz schleunigst in die nächstgelegene Psychiatrie gehört wo er brav mit Antipsychotika gefüttert wird, bis er nicht mehr geradeaus laufen kann.

Wie bei fast allen Dingen ist die Theorie das eine… und die Praxis schaut ganz anders aus – oder viel differenzierter.

Ich bin multipel. Ich habe eine Störung. Nein, ich bin deswegen nicht krank.

Störung heißt, dass ich in meiner Entwicklung, so wie sie von der Natur wahrscheinlich vorgesehen war (denn komischerweise scheinen die meisten Menschen ja nur aus einer Identität zu bestehen, das scheint wohl der „Normalzustand“ zu sein), ein wenig vom Wege abgekommen bin. Aufgrund äußerer Einflüsse musste sich die Seele, die Gesamtpersönlichkeit, aufspalten und hat mehrere Identitäten hinterlassen, eigenständige „Ichs“, mit eigenen Erinnerungen, eigenen Gefühlen, auch eigenen Persönlichkeitsmerkmalen, eigener Entwicklung und einem ganz eigenen Selbstbild.

Krank ist diese Tatsache allein nicht. Denn eine Krankheit ist laut Definition  eine Störung der normalen physischen oder psychischen Funktionen, die einen Grad erreicht, der die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden eines Lebewesens subjektiv oder objektiv wahrnehmbar negativ beeinflusst.

Gut, ich gebe zu, dass das hier schon etwas mit Haarspalterei zu tun hat, aber dafür sind wir ja im Allgemeinen bekannt.

Ja, es ist schwierig mit vielen „Personen“ in einem Körper zu leben. Personen, die zum Teil vollkommen unterschiedliche Vorstellungen, Wünsche und Lebenseinstellungen haben. Es ist verdammt kompliziert und das Leben alleine stelle ich mir doch um ein vielfaches einfacher vor. Aber auch, wenn es kompliziert ist, so sind wir als System nur durch die Tatsache, dass wir Viele sind nicht funktionsuntüchtig was das Alltagsleben betrifft. Wir arbeiten, wir studieren, wir leben in einer funktionierenden und gesunden Beziehung. Wir haben Freunde und wir können das Leben genießen.

Und trotzdem ist es kein Zuckerschlecken, denn die Seele hat sich nicht ohne Grund aufgespalten. Wir, dieser Körper oder wie auch immer man es nennen mag hat seit frühester Kindheit sehr viel Gewalt erfahren. Schon bevor wir überhaupt ein Jahr alt waren begann der sexuelle Missbrauch. Wir erfuhren als Kleinkind Deprivation, Schläge, Missbrauch, Vergewaltigung, Folter. Gewalt hinterlässt Spuren. In unserem Fall einige körperliche Schäden und unter anderem auch eine gespaltene Persönlichkeit. Für einen allein war das Leid nicht zu ertragen, jedes neue „Ich“ trug einen Teil der Erinnerungen, des Grauens ganz für sich alleine, wie durch Mauern von den anderen getrennt. Und reichte es nicht, wurde es wieder zu viel, um zu ertragen was uns Tag für Tag passierte, so spaltete sich ein neues „Ich“ ab.

Somit sind viele der Innenpersonen hier schwer traumatisiert. Sie haben viel Negatives erlebt und haben logischerweise sehr viel Angst, kommen nur selten zur Ruhe, erleben das Schlimme immer wieder und wieder.

Die DIS tritt selten alleine auf. So gut wie alle Betroffenen zeigen auch Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung (Intrusion, Vermeidung, Überrerregung), sie leiden oft unter Schlafstörungen, Albträumen, Depressionen, Ängsten und Panikattacken, Flashbacks, Konzentrationsstörungen, verletzen sich selbst, sind suizidal. Multiple erleben meist auch die gesamte Bandbreite anderer dissoziativer Störungen

Eigentlich ist es ziemlich bescheiden multipel zu sein. Ich hab schon öfter mal gehört: „Ach, ich wäre das auch gern, dann wäre ich nicht so einsam und alleine.“ Meist werde ich dann etwas zickig, weil ich mich darüber ärgere. Ich kann nicht verstehen wie jemand ein Leben als Viele vorziehen würde, eigentlich doch nur, wenn er nicht versteht was dahinter steckt.

Ja… gut… ich kann tatsächlich manchmal mit jemandem innen reden, es kann tatsächlich gut tun, wenn man es nach jahrelanger und „sehr anstrengender Arbeit geschafft hat ein Mindestmaß an Kontakt herzustellen. Doch ohne den ganzen „Rattenschwanz“ dahinter, ist das Leben deutlich erstrebenswerter.

(Teil 2)

(Teil 3)

(Teil 4)

Dissoziative Störungen kurz vorgestellt

Wir wollen hier mit euch einige Texte zum Thema Dissoziation, dissoziative Störungen und, Leben mit Dissoziativer Identitätsstörung und Traumafolgen teilen, die wir bereits 2007/’08 verfasst haben:

So nützlich Dissoziationen im Ernstfall sein können, so können sie auch selber enschränkend und belastend sein. Hier ein kurzer Überblick über einige der verschiedenen dissoziativen Störungen, wie sie im ICD-10 (International Classification of Diseases and Related Health Problems, von der WHO herausgegebene internationale Klassifikation von Krankheiten) zusammengefasst sind.

F44.0 dissoziative Amnesie: Es fehlen wichtige Erinnerungen zur eigenen Geschichte, weit über das Maß der normalen Vergesslichkeit hinaus.

F44.1 dissoziative Fugue: Ein unerwartetes Weggehen von der gewohnten Umgebung (Zuhause, Arbeitsplatz, das bis zur Annahme einer neuen Identität bei gleichzeitiger Desorientiertheit zur eigenen Person führen kann.

F44.2 dissoziativer Stupor: Beträchtliche Verringerung oder des Fehlens willkürlicher Bewegungen und normaler Reaktionen auf äußere Reize wie Licht, Geräusche oder Berührung.

F44.3 Trance- und Besessenheitsstörung: Zeitweiliger Verlust der persönlichen Identität und der vollständigen Wahrnehmung der Umgebung, manchmal verhält sich ein Mensch so, als ob er von einer anderen Persönlichkeit, einem Geist, oder irgendeiner Kraft beherrscht wird.

F44.4 dissoziative Bewegungsstörung: Vollständige oder teilweise Verlust der Bewegungsfähigkeit eines oder mehrerer Körperglieder. Die Lähmung kann partiell, mit schwachen oder langsamen Bewegungen, oder vollständig sein.

F44.5 dissoziative Krampfanfälle: Plötzliche und unerwartete krampfartige Bewegungen, die sehr an verschiedene Formen epileptischer Anfälle erinnern, aber nicht mit einem Bewußtseinsverlust einhergehen.

F44.6 dissoziative Sensibilitäts- und Empfindlichkeitsstörungen: Teilweiser oder vollständiger Verlust einer oder aller normaler Hautempfindungen an Körperteilen oder am ganzen Körper und/oder teilweiser oder vollständiger Seh-, Hör- oder Riechverlust.

F44.81 dissoziative Identitätsstörung (vormals multiple Persönlichkeitsstörung): Die schwerste Form einer dissoziativen Störung ist das offensichtliche Vorhandensein von zwei oder mehr verschiedenen Persönlichkeiten bzw. Identitäten bei einem Individuum. Dabei ist zu einem Zeitpunkt jeweils nur eine sichtbar. Jede Persönlichkeit ist vollständig, mit ihren eigenen Erinnerungen, Verhaltensweisen und Vorlieben. Diese können in deutlichem Kontrast zu den jeweils anderen Persönlichkeit stehen.

Dissoziative Störungen haben ihre Ursache in aller Regel in traumatischen Ereignissen.